Killinger Literaturkunde, Schulbuch

DEUTSCHE KLASSIK | 1786 – 1805 143 Der Gott und die Bajadere) als klassisch. Schiller wandelte sich während seiner Arbeit an dem Drama Don Carlos zum Klassiker. Klassische Dramen Schillers sind Wallenstein und Maria Stuart. In der Schicksalstragödie Die Braut von Messina versuchte Schiller den antiken Chor wiederzubeleben. Auch Schillers Gedankenlyrik und seine Balladen enthalten klassische Ideen (Das verschleierte Bild zu Sais, Die Götter Griechenlands, Die Künstler, Das Ideal und das Leben, Der Ring des Polykrates, Der Taucher, Die Bürgschaft, Die Kraniche des Ibykus, Der Handschuh). Schiller hat außerdem einige bedeutende kunsttheoretische Schriften verfasst, in denen er sich mit der Antike, mit antiken Formen und mit dem Wesen des Dichterischen auseinandersetzt. Während die französischen Klassizisten (Pierre Corneille und Jean Racine) in ihren Dramen mit Vorliebe antike Stoffe wählten, ist dies bei Goethe und Schiller nicht die Regel. Nicht der Stoff macht das Werk zu einem klassischen, sondern die dargestellte Idee vom Menschen und die Sprache. Andere Dichterinnen und Dichter, wie Franz Grillparzer oder Autorinnen und Autoren des 20. Jahrhunderts, haben zwar antike Stoffe verarbeitet, sind aber trotzdem keine Klassiker im eigentlichen Sinn. Man versteht die deutsche Klassik wesentlich besser, wenn man einige Kenntnis des griechischen Dramas hat (vgl. S. 47ff.). DRAMA DER DEUTSCHEN KLASSIK Das klassische deutsche Drama hat das Ziel, den Menschen zu läutern, damit er nicht seinen Leidenschaften und Trieben unterliegt, sondern aus Einsicht in das Gute eben dieses Gute verwirklicht. Indem der Mensch innere Widersprüche und Konflikte löst, entwickelt er sich zu einer harmonischen Persönlichkeit. Während das Trauerspiel mit der Katastrophe für den Protagonisten bzw. die Protagonistin endet, behandelt ein Schauspiel zwar ein ernstes Thema, aber es kommt zu einem versöhnlichen Ende. Bürgerliche Komödien werden als Lustspiel bezeichnet und stellen das Geschehen in humorvoller Form dar. 1. Erläutern Sie in Kleingruppen Ihre bisherigen Theater-/Bühnenerfahrungen: • Erzählen Sie, mit welchen Dramen/Theaterstücken Sie bisher in Berührung gekommen sind. • Wählen Sie ein Drama aus und fassen Sie den Inhalt kurz zusammen. • Erklären Sie, welche Wirkung dieses Werk oder eine Szene daraus auf Sie gehabt hat. Aufbau des klassischen Dramas nach Freytag Den Bau des klassischen Dramas hat Gustav Freytag im 19. Jahrhundert stark schematisiert beschrieben. Nach Freytag gliedert sich die Tragödie in fünf Abschnitte, entsprechend den fünf Akten. 1. Die Einleitung (Exposition) macht mit der Situation und den wichtigen Figuren bekannt. Meistens wird über die Hauptfigur zwar gesprochen, sie erscheint zunächst aber noch nicht. 2. Auf das so genannte „erregende Moment“ (dem Publikum ist jetzt der Konflikt klar, da die Zusammenhänge erklärt wurden) folgt die steigende Handlung. Das Geschehen spitzt sich zu. 3. Der Konflikt erreicht seinen dramatischen Höhepunkt, der zugleich Wendepunkt ist (Peripetie am Ende des 3. Aktes). 4. Die fallende Handlung zeigt die Folgen der Tat und die Ausweglosigkeit der Situation des Helden auf, allerdings wird die Handlung etwas verzögert und kurz Hoffnung auf die Rettung des Helden gemacht (retardierendes Moment). 5. I m letzten (5.) Akt ereignet sich die Katastrophe. Der tragische Held und die tragische Heldin sühnen ihre Tat meist mit dem Tod. Läuterung des Menschen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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