GESCHICHTE VON DOKTOR FAUST, DEM TEUFELSBÜNDLER 137 12. Verfassen Sie anschließend eine Rede in der Rolle als Mephistopheles, in der Sie versuchen, Faust zu überzeugen, den Pakt zu unterzeichnen. Faust wird im Gespräch mit dem Matrosen Görg, der Gott leugnet, klar, dass er sich immer schon nach einem Gott gesehnt hat, der ihn hält und versteht. Er wird sich seiner völligen Isolierung bewusst und will aus seinem realen Ich, das ihm zu einem wirren Traum wird, ausbrechen, um sich mit Gott zu verbinden. In einem sinnverwirrten Taumel ersticht er sich. Mephisto hat das letzte Wort: MEPHISTOPHELES: Nicht Du und Ich und unsere Verkettung, Nur deine Flucht ist Traum und deine Rettung! [...] Du warst von der Versöhnung nie so weit, Als da du wolltest mit der fieberheißen Verzweiflungsglut vertilgen allen Streit, Dich, Welt und Gott in eins zusammenschweißen. Da bist du in die Arme mir gesprungen, Nun hab’ ich dich und halte dich umschlungen! Lenaus Faust wendet sich von Gott ab. Das Erscheinen Christi wird als Unglück bezeichnet. So kann dieser Faust auch nicht gerettet werden, sondern er endet in Schwermut und begeht Selbstmord. Dieser Faust ist ein Spiegelbild seines Schöpfers Nikolaus Lenau, der zwischen bitter empfundenem Atheismus und allumfassendem Pantheismus1 schwankte, den Zweifel verzehrten und der zeitlebens das Gefühl hatte, von aller Welt und allen menschlichen Bindungen ausgeschlossen zu sein. THOMAS MANN: DOKTOR FAUSTUS Der 1947 erschienene Roman von Thomas Mann (1875 – 1955) trägt den Untertitel Das Leben des deutschen Tonsetzers Adrian Leverkühn, erzählt von einem Freunde (1947). Leverkühn, ein moderner Faust, von der Kunst- und Kulturkrise seiner Zeit, den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, zutiefst erfasst, schließt, halb willig, halb genötigt, einen Pakt mit dem Teufel. Er berichtet in historisierendem Ton seinem Freund und späteren Biographen, wie ihm eines Tages in seinem Arbeitszimmer der Teufel erschienen ist, [...] eine Sportmütze übers Ohr gezogen, und auf der andern Seite steht darunter rötlich Haar von der Schläfe hinauf; rötliche Wimpern auch an geröteten Augen, käsig das Gesicht. Dieser Teufel, mit dem Leverkühn ein ausführliches Gespräch unter anderem über die Situation der zeitgenössischen Musik führt, schwebt auf dem Grenzstreifen zwischen Realität und Einbildung. Leverkühn teilt seinem Freund mit, was er diesbezüglich der Teufelserscheinung gesagt hat: Viel wahrscheinlicher ist, dass eine Krankheit bei mir im Ausbruch ist und ich den Fieberfrost, gegen den ich mich einhülle, in meiner Benommenheit hinausverlege auf Eure Person. 55 60 Der übermenschliche Faust 1 Pantheismus: Gott und Welt werden als identisch verstanden. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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