114 POLITISCHE LYRIK: IN TYRANNOS Im Jahr 1777 wurde auf Befehl des Herzogs Karl Eugen von Württemberg (1728 – 1793) der Journalist, Schriftsteller und Musiker Christian Friedrich Daniel Schubart (1739 – 1791) verhaftet und in einem Festungsgefängnis eingesperrt, ohne dass ihm der Prozess gemacht wurde. Der Grund waren einige Bemerkungen in der von ihm allein bestrittenen Zeitung Deutsche Chronik (1774 – 1778) und sein etwas unsolider Lebenswandel. Im dritten Jahr seiner Gefangenschaft schrieb Schubart das Gedicht Die Fürstengruft. Es kam an die Öffentlichkeit und trug ihm weitere sieben Jahre Haft ein. C. F. D. Schubart: Die Fürstengruft (1780) Da liegen sie, die stolzen Fürstentrümmer, Ehmals die Götzen ihrer Welt! Da liegen sie, vom fürchterlichen Schimmer Des blassen Tags erhellt! Die alten Särge leuchten in der dunkeln Verwesungsgruft, wie faules Holz; Wie matt die großen Silberschilde funkeln, Der Fürsten letzter Stolz! Entsetzen packt den Wandrer hier am Haare, Geußt Schauer über seine Haut, Wo Eitelkeit, gelehnt an eine Bahre, Aus hohlen Augen schaut. […] Da liegen Schädel mit verloschnen Blicken, Die ehmals hoch herabgedroht, Der Menschheit Schrecken! denn an ihrem Nicken Hing Leben oder Tod. Nun ist die Hand herabgefault zum Knochen, Die oft mit kaltem Federzug Den Weisen, der am Thron zu laut gesprochen, In harte Fesseln schlug. Zum Totenbein ist nun die Brust geworden, Einst eingehüllt in Goldgewand, Daran ein Stern und ein entweihter Orden Wie zween Kometen stand. Vertrocknet und verschrumpft sind die Kanäle, Drin geiles Blut wie Feuer floss, Das schäumend Gift der Unschuld in die Seele, Wie in den Körper goss. Vision vom Tod des Tyrannen 1 2 4 2 6 8 3 10 12 7 14 16 8 18 20 9 22 24 10 26 28 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
RkJQdWJsaXNoZXIy MjU2NDQ5MQ==