erleben und gestalten 3 - Geschichte und politische Bildung, Schulbuch

96 Kolonialismus Zwei Vielvölkerstaaten Nationalstaaten – Vielvölkerstaaten Viele Staaten der Welt sind heute Nationalstaaten. Das bedeutet, dass die meisten Menschen, die in diesen leben, sich einer Nation zugehörig fühlen. Beispielsweise fühlen sich die meisten Menschen, die in Österreich leben, als Österreicherinnen und Österreicher. In der Geschichte gab es jedoch auch Vielvölkerstaaten. In diesen lebten politische Gruppen (Völker), die sich in mehrfacher Hinsicht unterschieden. Oft hatten sie verschiedene Religionen, Sprachen, Gebräuche, Trachten usw. Das bedeutet aber nicht, dass alle die Herrschaft und den Staat ablehnten. Oft hatten die Menschen eine Bindung zu dem Staat. Das Osmanische Reich Im 13. Jh. gab es in Anatolien mehrere türkische Fürstentümer, die miteinander verbunden waren. 1299 erklärte Osman I. sein Fürstentum für unabhängig. Dieses Jahr gilt als Gründungsjahr des Osmanischen Reiches. Seine Nachfolger dehnten das Herrschaftsgebiet immer weiter aus. 1453 eroberten die Osmanen Konstantinopel und damit das Oströmische Reich. Das Osmanische Reich existierte bis 1922. Die Habsburgermonarchie Das Geschlecht der Habsburger herrschte ab 1278 auf dem Gebiet des heutigen Österreich. Die Habsburger vergrößerten ihren Herrschaftsbereich immer weiter durch Kriege und eine gezielte Heiratspolitik. Das Habsburgerreich zerbrach mit dem Ende des Ersten Weltkrieges 1918. Religionen und Sprachen Sowohl im Habsburgerreich als auch im Osmanischen Reich gab es viele Völker. Dies bedeutete beispielsweise, dass innerhalb der Reiche verschiedene Religionen vertreten waren. Obwohl die Habsburger enge Beziehungen zur katholischen Kirche hatten und die Sultane des Osmanischen Reichs dem Islam angehörten, wurden in beiden Reichen andere Religionen toleriert. In beiden Reichen wurden auch viele unterschiedliche Sprachen gesprochen. Diese wurden jedoch nicht alle als Amtssprachen akzeptiert. Nationalismus Ende des 19. Jh. und zu Beginn des 20. Jh. setzte sich immer mehr die Idee durch, dass jedes Volk das Recht hat, selbst über seine Staats- und Herrschaftsform zu entscheiden. Die Verbreitung nationalistischer Ideen führten auch im Osmanischen Reich und in der Habsburgermonarchie zu Spannungen. In der Habsburgermonarchie forderten immer mehr Nationalitäten die gleichen Rechte wie die deutschsprachigen Bevölkerungsteile. Bis zum Ende der Monarchie 1918 konnten dies allerdings nur die Ungarn erreichen. Versuche, den verschiedenen Nationalitäten mehr Rechte einzuräumen, scheiterten aus unterschiedlichen Gründen. Im Osmanischen Reich hatten die verschiedenen Bevölkerungsgruppen im Laufe der Zeit unterschiedliche Rechte. Die Kurden hatten beispielsweise über einige Jahre eine eigene Verwaltung. Zu Beginn des 20. Jh. wurde versucht, eine neue „osmanische Identität“ zu schaffen. Die Abschaffung bestimmter Rechte nicht-muslimischer Bevölkerungsteile führte jedoch zu Widerstand, unter anderem von armenischen, bulgarischen und griechischen Bevölkerungsgruppen. O Industrialisierung, S. 78; Erster Weltkrieg, S. 126 ÷ Im Laufe der Geschichte kam es mehrfach zu Kriegen zwischen dem Osmanischen Reich und der Habsburgermonarchie. Im Heeresgeschichtlichen Museum (Wien) erinnern heute einige Objekte daran, wie unter anderem ein Staatszelt und der sogenannte Mörser von Belgrad. Im Jahr 1717 traf ein Geschoss aus diesem Mörser das Munitions- und Pulverlager der Stadt Belgrad, die von den Osmanen besetzt war. Rund 3.000 Menschen starben in der Folge. Osmanisches Staatszelt, Anfang 18. Jahrhundert; davor der Mörser von Belgrad, Heeresgeschichtliches Museum (Wien) P Amtssprache: offizielle Sprache in einem Staat; wird von der Regierung und bei Behörden benutzt Digitales Zusatzmaterial 6qb8k2 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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