92 Kolonialismus Entstehung des Rassismus Einteilung der Menschheit Ab dem 18. Jh. wurde versucht, für Gruppen von Menschen bestimmte Merkmale zu finden und zu beschreiben. In der Steiermark entstand etwa eine „Völkertafel“, auf der verschiedene stereotype und klischeehafte Merkmale und Eigenschaften von Personengruppen zusammengefasst wurden. Spanier wurden beispielsweise als „hochmütig“ und Deutsche als „offenherzig“ bezeichnet. Rassistische Vorstellungen Im 19. Jh. entstand die „Rassenkunde“. Diese versuchte, (sichtbare) Unterschiede von Menschengruppen zu beschreiben – diese wurden als „Rassen“ bezeichnet. Als Unterscheidungsmerkmal wurde v.a. die Hautfarbe herangezogen. Die Einteilung wurde biologisch begründet. Heute wissen wir, dass das falsch ist und Rassen nur bei Tieren unterschieden werden können. Bestimmten Gruppen wurden in der Folge negative Eigenschaften zugeschrieben. Damit wurden die Ablehnung und Ausgrenzung von Personen gefördert, die als „anders“ definiert wurden. Insbesondere wurde behauptet, dass die „weiße Rasse“ den anderen überlegen sei. Damit wurde die Unterdrückung anderer Kulturen im Imperialismus gerechtfertigt. Die Annahme, dass verschiedene Menschenrassen existieren und Menschen unterschiedlicher Hautfarbe unterschiedlich viel wert seien, ist jedoch falsch. In der UN-Menschenrechtskonvention wird betont: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Die Wissenschaft hat bewiesen, dass alle Menschen auf der Welt denselben Ursprung haben und unterschiedliche äußerliche Merkmale (z.B. Hautfarbe) die Folge der Anpassung an die Umwelt sind. Verbreitung rassistischer Vorstellungen Die Theorien der Rassenkunde wurden auch über Schulbücher und Plakate verbreitet. Damit lernten ganze Generationen, dass es verschiedene Menschenrassen gäbe und die weiße Rasse die vollkommenste wäre. Um 1900 war Rassismus alltäglich und wurde zum überwiegenden Teil auch nicht in Frage gestellt. So finden sich beispielsweise zahlreiche Werbungen, die auf rassistische Annahmen zurückzuführen sind. Auch Politikerinnen und Politiker argumentierten rassistisch. Der britische Unternehmer und Politiker Cecil Rhodes setzte sich dafür ein, dass mehr Kolonien erworben werden. Er behauptete: Ich behaupte, dass wir die erste Rasse in der Welt sind und dass es für die Menschheit umso besser ist, je größere Teile der Welt wir bewohnen. Ich behaupte, dass jedes Stück Land, das unserem Gebiet hinzugefügt wird, die Geburt von mehr Angehörigen der englischen Rasse bedeutet […] Darüber hinaus bedeutet es einfach das Ende aller Kriege, wenn der größere Teil der Welt in unserer Herrschaft aufgeht […]. W. T. Stead, The last will and testament of C. J. Rhodes, 1902, S. 58. Völkerschauen Ab dem 16. Jh. wurden Menschen aus den verschiedenen Kulturen der Welt nach Europa gebracht und Adeligen oder Kaufleuten „vorgeführt“. Im 19. Jh. entstand daraus ein eigener Geschäftszweig. Gegen ein Eintrittsgeld konnten Europäerinnen und Europäer diese Menschen besichtigen. Manche dieser Völkerschauen wurden von bis zu 60.000 Personen besucht. O Identitäten, S. 136 P Stereotyp: einprägsame, bildhafte und vereinfachte Darstellung einer Behauptung; oft nicht auf Einzelfälle zutreffend; eher negativ besetzt P Klischee: Ansicht oder Beurteilung, die einfach übernommen wird, ohne zu prüfen, ob sie zutrifft ÷ Für die Einteilung der Menschheit waren die Arbeiten von Naturforschern ausschlaggebend. ÷ In einem Buch zur „Naturgeschichte des Menschengeschlechts“ aus dem Jahr 1801 wurde behauptet, dass Personen mit schwarzer Hautfarbe das Bindeglied zwischen Affen und dem „idealen Menschen“ seien. Diese Behauptung ist falsch und rassistisch. Nach Protesten von Studierenden erfolgte die Entfernung einer Statue von Cecil Rhodes am Campus der Cape Town University (Bildausschnitt), Foto, 2015 (Kapstadt, Südafrika) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
RkJQdWJsaXNoZXIy MjU2NDQ5MQ==