78 Industrialisierung Gründerzeit Technische Errungenschaften und Fortschrittsglaube Nach der Industriellen Revolution glaubten viele Menschen daran, dass die technischen Neuerungen alle ihre Probleme lösen können. Sie blickten zuversichtlich in die Zukunft und die Wirtschaft entwickelte sich gut. Auf großen Weltausstellungen konnten sich die Menschen die neuesten Entwicklungen anschauen. Die Zeit ist nach den Gründerinnen und Gründern von Unternehmen benannt, die in schnellem Tempo reich werden konnten. Börsenkrach 1873 und Wirtschaftskrise An der Börse wollten viele Menschen ihr Vermögen vermehren, indem sie Aktien kauften. Da diese bald sehr beliebt waren, wurden sie immer teurer. Allerdings waren die Unternehmen gar nicht so viel wert. Am 9. Mai 1873 kam es zu dramatischen Kursverlusten an der Börse. Der Tag ging als „Schwarzer Freitag“ in die Geschichte ein. Auf den wirtschaftlichen Aufschwung der Gründerzeit folgte eine schwere Wirtschaftskrise. Antisemitismus In Krisenzeiten passiert es oft, dass bestimmten gesellschaftlichen Gruppen die Schuld an der schlechten Entwicklung gegeben wird. Ende des 19. Jh. wurden insbesondere Jüdinnen und Juden angefeindet. Sie wurden für alle sozialen und wirtschaftlichen Probleme verantwortlich gemacht. Die Judenfeindlichkeit wurde rassistisch begründet. Jüdinnen und Juden wurden als Angehörige einer „Rasse“ angesehen. Daher richtete sich die Ablehnung auch gegen die vielen Jüdinnen und Juden, die sich im 19. Jahrhundert „assimiliert“ (angepasst) hatten und teilweise zum Christentum übergetreten waren. Der Antisemitismus war in der Bevölkerung weit verbreitet und wurde auch von Politikern vertreten. Mit solchen Feindbildern konnten politische Parteien einfache Antworten auf schwierige Probleme (z.B. Wirtschaftskrise) liefern. Sie konnten damit viele Wählerstimmen bekommen. Ein Grund für die breite Zustimmung zum Antisemitismus war auch die angespannte innenpolitische Lage infolge der Konflikte zwischen den Völkern der Habsburgermonarchie. Jüdinnen und Juden wurden als „fremd“ angesehen. Besonders betroffen hiervon waren Jüdinnen und Juden, die aus dem Osten der Monarchie nach Wien gezogen waren. Nationalismus Seit der Revolution von 1848 forderten immer mehr Nationen in Europa einen unabhängigen Staat. 1871 wurde etwa nach einigen Kriegen das Deutsche Kaiserreich gegründet. Die Idee eines solchen Nationalstaates stand in einem Widerspruch zum Vielvölkerstaat der Habsburgermonarchie. Daher gab es seit der Revolution 1848 Konflikte innerhalb der Monarchie. Verschiedene Nationen wollten unabhängig werden oder zumindest mehr Rechte erhalten. Das gelang aber nur Ungarn. Durch den sogenannten Ausgleich 1867 entstand aus dem Kaisertum Österreich die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn. Da dadurch die ungarische Nation mehr Rechte hatte, fühlten sich andere (z.B. Tschechen, Polen) benachteiligt. Konflikte ergaben sich auch, da es keine klaren Sprachgrenzen gab. Fast überall war die Bevölkerung gemischtsprachig. Die Verwaltung arbeitete hingegen oft nur auf Deutsch. Als eine Reform versucht wurde, protestierten jedoch deutschnationale Gruppen. Bis zum Ende der Monarchie konnte die sogenannte Nationalitätenfrage nicht gelöst werden. O Revolutionen, S. 60 ÷ Bei der Wiener Weltausstellung 1873 stellten 35 Staaten ihre neuesten technischen Errungenschaften aus. Über sieben Millionen Menschen besuchten sie. P Börse: Einrichtung, an der Finanzgeschäfte abgewickelt werden, wie z.B. der Kauf und Verkauf von Wertpapieren bzw. Aktien; auch das Gebäude, in dem gehandelt wird, wird als Börse bezeichnet P Aktie: Anteilsschein an einer Aktiengesellschaft; durch den Kauf: Beteiligung an einem Unternehmen, das an der Börse Unternehmensanteile verkauft P Aktienkurs: definiert den Wert eines Unternehmens an der Börse; je mehr Aktien nachgefragt werden, desto höher ist ihr Preis P Antisemitismus: feindselige Einstellung gegenüber Jüdinnen und Juden sowie jüdischen Einrichtungen, alle Formen von Hass und Feindlichkeit gegenüber Personen, die als jüdisch angesehen werden P Nation: Gemeinschaft von Menschen, die sich zusammengehörig fühlt, z.B. aufgrund einer gemeinsamen Sprache, Kultur; nicht auf alle Nationen treffen die gleichen Gemeinsamkeiten zu Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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