erleben und gestalten 3 - Geschichte und politische Bildung, Schulbuch

72 Industrialisierung Folgen der Industrialisierung Veränderung der Produktionsvorgänge Die Industrialisierung änderte die Arbeitsvorgänge bei der Herstellung von Waren. Der Einsatz von Maschinen erleichterte die Arbeit. Die Produktion konnte erhöht werden und die Waren wurden dadurch billiger. Die Arbeitsteilung in den Fabriken wurde in noch kleinere Produktionsschritte unterteilt als in Manufakturen. Die Arbeiterinnen und Arbeiter waren nur mehr für einen sehr kleinen Teil innerhalb des Herstellungsprozesses zuständig. Vom Land in die Stadt Am Ende des 18. Jh. lebten in Mitteleuropa ca. 80 Prozent der Menschen auf dem Land. Im Zuge der Industrialisierung zogen viele Menschen in der Hoffnung auf mehr Arbeit vom Land in die Städte. Mit dem enormen Zustrom der Menschen in die Städte wuchs auch die Wohnungsnot. Die Mieten waren hoch, die Ausstattung der Wohnungen war jedoch sehr schlecht. Viele Menschen lebten auf engstem Raum, oft teilten sich mehrere ein Bett. Um zusätzliches Geld zu verdienen, vermieteten sie manchmal sogar ihre Betten tagsüber an sogenannte Bettgeher, die nachts arbeiteten. Arbeitsbedingungen Durch das Überangebot an Arbeitskräften konnten die Unternehmen die Löhne niedrig halten. Frauen mit kleinen Kindern mussten oft schlecht bezahlte Heimarbeit annehmen. Auch die Arbeitsbedingungen in den Fabriken waren meist sehr schlecht. Es gab keine Altersversorgung oder Unfallversicherung. Gearbeitet wurde an sieben Tagen die Woche, täglich bis zu 16 Stunden. Urlaub gab es keinen. In den Fabriken wird regelmäßig an allen Wochentagen, mit Ausnahme des 1. Mai gearbeitet. […] Der Fabriksleitung bleibt es vorbehalten, auch an Feiertagen arbeiten zu lassen. In diesem Falle wird den Arbeitern die zum Besuche des Vormittags-Gottesdienstes nötige Zeit eingeräumt. […] Die tägliche Arbeitszeit richtet sich nach der Jahreszeit, den Temperatur- und Witterungsverhältnissen. Die Maximalarbeitszeit wird auf 11 Stunden innerhalb von 24 Stunden festgesetzt. Fabriksordnung der Wienerberger Ziegelfabriks- und Baugesellschaft 1896 Kinderarbeit Auch Kinder mussten hart arbeiten, um das Überleben der Familie zu sichern. Die Kinderarbeit nahm in der Zeit der Industriellen Revolution erschreckende Ausmaße an. Kinder wurden in den verschiedensten Bereichen (Textilindustrie, Schwerindustrie, Bergbau etc.) bei schwerster Arbeit ausgebeutet. Sie waren den Arbeitgebenden meist schutzlos ausgeliefert. In den Kohlen- und Eisenbergwerken […] arbeiten Kinder von vier, fünf, sieben Jahren; die meisten sind […] über 8 Jahre alt. Sie werden gebraucht, um das losgebrochene Material von der Bruchstelle […] zu transportieren und um Zugtüren, welche die verschiedenen Abteilungen des Bergwerks trennen, […] zu öffnen und wieder zu schließen. Zur Beaufsichtigung dieser Türen werden meist die kleinsten Kinder gebraucht, die […] zwölf Stunden täglich im Dunkeln einsam in einem engen, meist feuchten Gang sitzen müssen. Engels, Die Lage der arbeitenden Klasse in England, 1845, S. 293 (bearbeitet) O Migration, S. 100 ÷ Mietshäuser waren oft feucht und wurden vom Keller bis unters Dach bewohnt. Jede Familie hatte durchschnittlich ein bis zwei Räume zur Verfügung (Küche, Schlafzimmer). Am Gang befanden sich die Wasserhähne und die Toiletten für alle Personen eines Stockwerks. Mietshaus mit Bassena und Toilette am Gang, Foto, o. J. Anfertigung von Knallbonbons in Heimarbeit, Foto, 1910 Kinderarbeit im Bergbau in Wales, Mitte 19. Jh. (England) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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