64 Revolutionen Arabischer Frühling Ursachen und Beginn Auch im 20. und 21. Jahrhundert gab es Revolutionen. Im Frühjahr 2011 kam es in den Staaten Nordafrikas und des Nahen Ostens zu zahlreichen Aufständen und Protesten. Auslöser war die Selbstverbrennung eines jungen Gemüsehändlers im Dezember 2010 in Tunesien, der keine Zukunft für sich in seiner Heimat sah. Es folgten Unruhen in ganz Tunesien. Die überwiegend jungen Protestierenden forderten demokratische Rechte, bessere Lebensbedingungen, Bildungschancen und Arbeit. Die jungen Menschen wollten wirtschaftliche Zukunftsperspektiven. Der Protest richtete sich auch gegen die politischen Zustände (z.B. Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit, Korruption) im Land. Der Staatspräsident Zine el-Abidine Ben Ali floh aus dem Land. Sein autokratisches Regime wurde gestürzt. Eine Übergangsregierung kam an die Macht. Doch schon bald musste diese nach Protesten der Bevölkerung wieder zurücktreten. Eine gewisse Demokratisierung wurde jedoch zumindest für kurze Zeit in Gang gesetzt. Seit den Wahlen 2019 ist sie wieder rückläufig. Weiterer Verlauf Auch in anderen arabischen Ländern machten sich die Einwohnerinnen und Einwohner Hoffnung auf mehr Freiheit, Gerechtigkeit, Demokratie und Wohlstand. Ende Jänner 2011 begannen Proteste in Ägypten. Die Menschen gingen auf die Straße und versammelten sich in der Hauptstadt Kairo am Tahrir-Platz. Die Protestbewegung wurde zum größten Teil über das Internet und die Sozialen Medien organisiert. Die Menschen wollten eine Verbesserung der Lebenssituation und einen politischen Umbruch erreichen. Der Staatspräsident Muhammad Husni Mubarak wurde abgesetzt und verhaftet. Ein Militärrat übernahm die Macht und versprach freie und demokratische Wahlen. Die Verfassung wurde geändert und Parteien durften gebildet werden. Die stärkste unter ihnen war die von der ägyptischen Muslimbruderschaft gegründete „Partei für Freiheit und Gerechtigkeit“ und stellte mit Mohammed Mursi das nächste Staatsoberhaupt. Doch die Unruhen endeten auch unter Mursi nicht. Er wurde 2013 durch einen Militärputsch gestürzt. Ihm folgte Abd al-Fattah as-Sisi als Präsident Ägyptens. Doch Demokratie und Bürgerrechte sind in Ägypten bis heute sehr stark eingeschränkt. In Libyen führten die Proteste zu einem Bürgerkrieg. Diktator Muammar alGaddafi wurde nach 42 Jahren an der Macht gestürzt und getötet. Die Bevölkerung in Syrien protestierte 2011 erstmals gegen den Diktator Baschar al-Assad, der die Bevölkerung lange Zeit unterdrückt hatte. Eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern sprühte Graffitis mit regimefeindlichen Äußerungen und wurde verhaftet. Dies brachte das Fass zum Überlaufen und führte zu einem Bürgerkrieg, der bis heute (Stand: 2024) andauert. In Syrien kamen durch das Zusammenleben unterschiedlicher Ethnien und Religionen auch andere Konflikte hinzu. Viele Menschen starben seither oder wurden aus dem Land vertrieben. Dies löste 2015 die Flüchtlingskrise in Europa aus. Folgen Die Protestwelle erreichte auch andere Länder wie Marokko, Algerien, Bahrain, den Irak, Jemen, Jordanien, Kuwait, Oman und Saudi-Arabien. Die Menschen gingen für ein Ende der Unterdrückung durch autoritäre Regierungen auf die Straße. In den meisten Ländern kam es zu Regierungsumbildungen und politischen Reformen. Doch die anfänglichen Hoffnungen auf mehr Demokratie in der arabischen Welt wurden meist nicht erfüllt. O Industrialisierung, S. 68; Migration, S. 110 ÷ Die Bezeichnung „Arabischer Frühling“ ist eine Anspielung auf die als „Prager Frühling“ bezeichneten Ereignisse in der Tschechoslowakei 1968. Eine andere Bezeichnung für den Arabischen Frühling ist auch „Arabellion“. Diese setzt sich aus Arabien und Rebellion zusammen. P Korruption: Bestechlichkeit P Autokratie: Selbstherrschaft; Herrschaftsform, in der eine Einzelperson oder Personengruppe ohne Kontrolle regiert P Tahrir-Platz: bedeutender Platz in der Innenstadt von Kairo in unmittelbarer Nähe wichtiger ägyptischer Regierungsgebäude Muammar al-Gadaffi, Foto, 2009 P autoritär: diktatorisch; unbedingten Gehorsam fordernd Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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