erleben und gestalten 3 - Geschichte und politische Bildung, Schulbuch

58 Revolutionen Revolutionen 1848 Ursachen der Revolution In den meisten europäischen Staaten konnte der Großteil der Menschen zu Beginn des 19. Jh. politisch nicht mitbestimmen. Seit dem Wiener Kongress versuchten die Staaten die politische Ordnung durchzusetzen, wie sie vor der Französischen Revolution bestanden hatte. Regiert wurde absolutistisch und es gab keine Reformen. Gleichzeitig veränderte die Industrielle Revolution die Lebensbedingungen der Menschen. Viele konnten davon profitieren, doch andere hatten immer mehr Probleme. Dies führte zu sozialen Spannungen in der Gesellschaft. Schlechte Ernten führten in einigen Teilen Europas (z.B. Irland) zu Hungersnöten. Die Preise für Lebensmittel stiegen immer weiter, während die Löhne sanken. Biedermeier und Vormärz Die Menschen wurden immer unzufriedener und forderten politische Mitsprache. Die Herrschenden versuchten jedoch den Absolutismus aufrechtzuerhalten. Im Kaisertum Österreich führte Staatskanzler Clemens Fürst Metternich eine strenge Zensur ein. Im System Metternich gab es keine Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Die Geheimpolizei bespitzelte die Bevölkerung, politische Gegnerinnen und Gegner wurden eingeschüchtert. Das Bürgertum zog sich ins Privatleben zurück und beschäftigte sich mit Kunst und Kultur. Der Lebensstil in dieser Zeit wird als Biedermeier bezeichnet. Revolutionen in Europa 1848 kam es schließlich in vielen Staaten und Regionen Europas zu Revolutionen: In Frankreich, Italien, Böhmen, Ungarn, Österreich, Polen und den Ländern des Deutschen Bundes wurde gekämpft. Gefordert wurde u. a. politische Mitbestimmung. Viele Nationen forderten außerdem einen unabhängigen Staat. Märzrevolution in Wien In Wien kam es am 13. März 1848 zu Demonstrationen. Das Militär eröffnete das Feuer und erschoss mehrere Menschen („Märzgefallene“). Der verhasste Staatskanzler Metternich wurde daraufhin entlassen, die Zensur abgeschafft, die Pressefreiheit eingeführt und eine Verfassung verabschiedet. Die neue Verfassung wurde aber heftig kritisiert, weil bei der Ausarbeitung keine Volksvertretung beteiligt gewesen war. Nach Straßenkämpfen im Mai wurde sie wieder zurückgenommen. Ein Konstituierender Reichstag wurde eingerichtet. In diesem wurden verschiedene Reformen gefordert. Scheitern der Revolution und langfristige Folgen Im Oktober 1848 kam es zu neuerlichen Unruhen in Wien. Auch in anderen Gebieten der Habsburgermonarchie gab es Aufstände. Verschiedene Nationalitäten der Habsburgermonarchie forderten ihre Unabhängigkeit. Die Revolution wurde schließlich überall von der Armee niedergeschlagen. In Italien und Ungarn dauerten die Kämpfe bis 1849. Der kranke und schwache Kaiser Ferdinand I. überließ den Thron im Dezember 1848 seinem Neffen Franz Joseph. Dieser löste 1849 den Reichstag auf. Die ausgearbeitete Verfassung wurde 1851 zurückgenommen. Franz Joseph I. regierte wieder absolutistisch. Auch in anderen Teilen Europas scheiterte die Revolution. Dennoch wurden einige Jahre später neue Nationalstaaten gegründet, wie Italien (1861) und das Deutsche Reich (1871). 1848 war ein wichtiger Wendepunkt in der Entwicklung. O Industrialisierung, S. 67 P Vormärz: Zeit vor der Märzrevolution 1848 Häusliche Biedermeierszene; Rudolf von Arthaber mit seinen drei Kindern, Friedrich von Amerling, Gemälde, 1837, Belvedere (Wien) P Zensur: Prüfung von Büchern, Zeitungen, Theaterstücken etc. durch den Staat vor deren Veröffentlichung; Änderungen oder Verbote sind möglich; auch private Briefe können betroffen sein Karikatur zur Entlassung von Staatskanzler Metternich, 1848 P Reichstag: parlamentarische Versammlung ÷ An die Märzgefallenen erinnern heute Straßennamen und Denkmäler in Wien. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy MjU2NDQ5MQ==