erleben und gestalten 3 - Geschichte und politische Bildung, Schulbuch

26 Frühe Neuzeit Reformation und Gegenreformation Die Entstehung der evangelischen Kirche Die Reformation, wie man die kirchliche Neuerungsbewegung von Martin Luther heute nennt, breitete sich trotz des Verbots in ganz Deutschland aus. Viele Menschen aller Bevölkerungsgruppen schlossen sich der neuen Glaubensrichtung (Evangelisch) an. Martin Luther hatte eine Erneuerung der Kirche angestrebt, daraus wurde aber eine Kirchenspaltung. Kampf um den Glauben Auch viele weltliche Landesherren unterstützten Luthers Ideen, da sie so ihren Einflussbereich vergrößern und bestehende Strukturen aufbrechen konnten. Sie wurden Oberhaupt der jeweiligen Landeskirche, erließen Kirchenordnungen und verwalteten Kirchengüter. So wurden sie mächtiger und reicher. Sie stellten sich gegen den katholischen Kaiser Karl V., der für seine Kriege die militärische Unterstützung der Landesfürsten brauchte. Als Gegenleistung forderten diese Religionsfreiheit. Als das Verbot des „neuen Glaubens“ vom Kaiser bekräftigt wurde, protestierten die Anhänger Luthers dagegen. Daher werden sie bis heute „Protestanten“ genannt. Auch in anderen Ländern verbreitete sich die Reformation. So brachten Ulrich Zwingli und Jean Calvin die Ideen Luthers in die Schweiz und nach Frankreich. In England entstand unter König Heinrich VIII. die anglikanische Kirche. Spaltung der Kirche Auf dem Reichstag in Augsburg legte Luthers Anhängerschaft 1530 eine Zusammenfassung der evangelischen Lehre („Augsburger Bekenntnis“) vor. Daraufhin ging der Kaiser mit Waffengewalt gegen die Protestanten vor. Ein endgültiger Sieg konnte von keiner Seite erreicht werden. Mit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 konnte der Streit für einige Zeit eingedämmt werden. Ein Ende der Glaubenskämpfe war aber nicht in Sicht, u.a. da der Religionsfriede nicht für die Anhängerinnen und Anhänger von Zwingli und Calvin galt. Erneuerung der katholischen Kirche Die katholische Kirche musste reagieren, denn sie wollte die Menschen wieder zum römisch-katholischen Glauben zurückführen. Man spricht von der sogenannten „Gegenreformation“. Zur Erneuerung der Kirche wurde das Konzil von Trient (1545–1563) einberufen. Die Grundideen der katholischen Glaubenslehre wurden dort zwar bekräftigt, man ging aber auch gegen die Missstände in der Kirche vor (z.B. Einschränkung von Ämterkauf und Ablasshandel, Verbesserung der Ausbildung der Geistlichen). Ein Verzeichnis für verbotene Bücher („Index“) wurde erstellt. Neue Orden wurden gegründet, die sich u. a. der Krankenpflege (z.B. Barmherzige Brüder) oder der Bildung (z.B. Ursulinen) widmeten. Die von Ignatius von Loyola gegründeten Jesuiten wollten die Menschen wieder zum katholischen Glauben zurückführen. Sie gründeten Schulen und lehrten an Universitäten. Als Lehrer und Berater von Adeligen (u. a. auch bei den Habsburgern) erlangten sie politischen Einfluss. Wer sich nicht bekehren ließ, wurde gewaltsam zu religiösen Handlungen (z.B. Beichte, Kommunion) gezwungen. Alle, die sich weigerten, wurden vor die Inquisition gebracht. Dort folterte man die vermeintlichen Ketzerinnen und Ketzer so lange, bis sie ein Geständnis ablegten. Viele von ihnen wurden danach hingerichtet. P Ulrich Zwingli (1484–1531): Schweizer Reformator; Mitbegründer der Reformierten Kirche P Jean Calvin (1509–1564): Reformator französischer Abstammung, Begründer des Calvinismus ÷ Der Index Librorum Prohibitorum (Verzeichnis der verbotenen Bücher) erschien erstmals 1559. Er wurde mehrfach überarbeitet und galt bis 1966. P Ignatius von Loyola (1491–1556): Mitbegründer der Gesellschaft Jesu, später auch als Jesuitenorden bezeichnet ÷ Jesuiten leben nicht in Klöstern und tragen keine besondere Ordenskleidung. Neben Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam versprechen Jesuiten zusätzlich besonderen Gehorsam dem Papst gegenüber. Bis heute lehren Jesuiten an Schulen und Universitäten. P Inquisition: Gericht, das seit dem Mittelalter v.a. für die Verurteilung von Ketzerinnen und Ketzern, später auch von „Hexen“ verantwortlich war Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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