22 Frühe Neuzeit Rechtsverständnis und Strafen Neuzeitliches Rechtsverständnis Verstöße gegen gesellschaftliche Werte, Normen oder Gesetze werden seit jeher bestraft. Je nach Vergehen gab es mildere Strafen (z.B. Ermahnung, Schand- oder Geldstrafen) oder härtere Strafen (z.B. Freiheits- oder Körperstrafen bei schwerwiegenden Verbrechen wie Diebstahl oder Mord). In der Frühen Neuzeit wurden die meisten Vergehen ähnlich wie im Mittelalter durch Körperstrafen (z.B. Handabhacken bei Diebstahl) geahndet. Die Vollstreckung der Strafen erfolgte zur Abschreckung öffentlich. Es gab auch Gerichtsverfahren. Geständnisse wurden dabei teilweise unter Folter erzwungen (z.B. Hexen- oder Ketzerprozesse). Auf dem Gebiet des heutigen Österreich wurde die Folter im 18. Jh. abgeschafft. Heute ist Folter weltweit verboten. Dies ist auch in den Menschenrechten niedergeschrieben. Trotzdem gab es immer wieder Fälle von Folter an Menschen. Im Verlauf der Neuzeit wurden diese Formen der Gerichtsverfahren und Bestrafungen zunehmend kritisiert. Man war der Meinung, dass die grausamen öffentlichen Bestrafungen die Zuschauerinnen und Zuschauer gefühllos machen würden. Außerdem würden sich Verbrechen durch grausame Bestrafungen nicht verhindern lassen. Im 18. Jh. gingen die Körper- oder Todesstrafen zurück. Stattdessen wurden von Gerichten öfter Haftstrafen verhängt. In Österreich wurde die Todesstrafe erst 1968 vollständig abgeschafft. Gefängnis Ab dem späten 16. Jh. entstanden in Europa die ersten Vorformen von Gefängnissen, die Arbeits- und Zuchthäuser. Die Insassinnen und Insassen wurden oft als billige Arbeitskräfte ausgenutzt. Die meisten von ihnen waren jedoch keine Kriminellen, sondern Mitglieder sozialer Randgruppen (z.B. Bettlerinnen und Bettler, Prostituierte). Erst im Laufe der Zeit wurden die Zuchthäuser zu Gefängnissen, in denen Menschen einsaßen, die eine Straftat begangen hatten. Merkmale eines Rechtsstaats Das Konzept der Rechtsstaatlichkeit entstand im 17. Jh. in England. In der Folge wurden die Forderungen nach dem Schutz gegen Willkür (Handeln, ohne Rücksicht auf Gesetze), verschiedenen Freiheitsrechten und der Gewaltenteilung auch in anderen Ländern immer lauter. Rechtsstaatlichkeit ist heute ein wesentliches Merkmal einer Demokratie. Ein Rechtsstaat ist ein Staat, in dem nicht Willkür, sondern Recht und Gerechtigkeit herrschen. Die Gesetze gelten für alle Bürgerinnen und Bürger, Organisationen und den Staat selbst. Die Rechtsprechung muss durch unabhängige Gerichte erfolgen. Urteile dürfen nur im Rahmen der Gesetze gefällt werden. Moderner Strafvollzug Der österreichische Straf- und Maßnahmenvollzug sieht sich als moderne Einrichtung, die sich an internationalen Vorgaben orientiert. Freiheitsstrafen haben zum Ziel, die Gemeinschaft zu schützen und der Straftäterin bzw. dem Straftäter das Unrecht bewusst zu machen und zu einer neuen Lebenseinstellung zu verhelfen. Ein wichtiges Ziel ist dabei die Wiedereingliederung der Straftäterin bzw. des Straftäters in die Gesellschaft. Häftlinge haben einen geregelten Tagesablauf und arbeiten im Gefängnis. Sie können Besuch bekommen und bei guter Führung kann die Strafe auch verkürzt werden. Einige dürfen als sogenannte „Freigänger“ tagsüber die Justizanstalt zum Arbeiten verlassen. O Revolutionen, S. 46 P Rechtsverständnis: Auslegung rechtlicher Normen und Bestimmungen; wandelte sich im Laufe der Zeit ÷ Bei Schandstrafen wurden die Verurteilten an den Pranger auf einem öffentlichen Platz gestellt und konnten dort von der Bevölkerung verspottet oder bespuckt werden. Pranger (Hadersdorf/Kamp, Niederösterreich) ÷ In Österreich gibt es aktuell 28 Justizanstalten, in denen knapp 9.000 Menschen untergebracht sind. Es gibt mehrere Anstalten für Männer mit einer Freiheitsstrafe von über 18 Monaten, eine für Frauen und eine für Jugendliche. Weiters gibt es vier Anstalten für den Maßnahmenvollzug für psychisch Erkrankte sowie gerichtliche Gefangenenhäuser, die bei Landesgerichten angeschlossen sind, für Untersuchungshäftlinge und Strafgefangene mit einer Freiheitsstrafe von unter 18 Monaten. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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