erleben und gestalten 3 - Geschichte und politische Bildung, Schulbuch

18 Frühe Neuzeit Umgang mit Krankheit Veränderungen in der Medizin Zu Beginn der Neuzeit wusste man noch sehr wenig über die genauen Vorgänge im menschlichen Körper. Beispielsweise konnte man sich nicht erklären, wie die einzelnen Organe, der Blutkreislauf oder das Nervensystem funktionieren. Deshalb führte man Krankheiten zumeist auf ein Ungleichgewicht der vier Säfte (Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle) zurück. Beobachtungen und Experimente führten im 17. Jh. zu neuen Entdeckungen im Bereich der Anatomie und Physiologie. Erste Mikroskope wurden gebaut. Fortschritte im 18. und 19. Jh. Im 18. Jh. wurde die medizinische Versorgung eine staatliche Aufgabe. Der Staat brauchte gesunde Arbeitskräfte und Soldaten, deswegen unterstützte er Maßnahmen zur Gesundheitspflege. Das Sanitätswesen und die medizinische Ausbildung wurden reformiert und erste Krankenhäuser (z.B. das Allgemeine Krankenhaus in Wien) entstanden. Im 19. Jh. entdeckte man die Erreger verschiedener Krankheiten (z. B. Tuberkulose, Diphterie). Damit konnten wirkungsvolle Medikamente entwickelt werden und es wurden erste Impfungen durchgeführt. Man erkannte auch die Bedeutung von Hygiene (z.B. beim Geburtsvorgang oder bei Operationen). Man entwickelte zahlreiche medizinische Geräte (z.B. Stethoskop, Röntgengerät), die eine genauere Diagnose ermöglichten. Die Folge dieser Entwicklungen war ein deutlicher Bevölkerungsanstieg im 19. Jh. Auch die Lebenserwartung stieg. Umgang mit psychisch Kranken Bereits vor dem 18. Jh. gab es in einigen Städten eigene Einrichtungen für psychisch Kranke. Teilweise erhielten sie auch medizinische Betreuung. Im Regelfall wurden sie jedoch eingesperrt, und somit aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Man spricht hier von der Exklusion dieser Personengruppe. Im 18. Jh. änderte sich der Umgang mit den „Irren“, wie sie damals bezeichnet wurden. Psychische Beeinträchtigung wurde als Krankheit anerkannt. Man brachte die Betroffenen in eigenen Anstalten unter. 1784 ließ Kaiser Joseph II. z.B. für psychisch kranke Menschen den „Narrenturm“ in Wien errichten. Psychisch Kranke wurden in den Anstalten aber oft sehr schlecht behandelt, in Ketten gelegt und misshandelt. Erst im 19. Jh. entwickelte sich die Psychiatrie als eigene medizinische Fachrichtung. Heute weiß man, dass viele Menschen im Laufe ihres Lebens von psychischen Erkrankungen (wie z.B. Angststörungen oder Depressionen) betroffen sind. Umgang mit Menschen mit körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung Heute wird eine körperliche oder geistige Beeinträchtigung nicht mehr als „Behinderung“ bezeichnet. Auf Menschen, die nicht oder nur eingeschränkt sehen, hören, sprechen oder sich bewegen können, muss Rücksicht genommen werden. Inklusion ist ein Menschenrecht. Kein Mensch darf ausgeschlossen oder benachteiligt werden. Daher ist Barrierefreiheit in öffentlichen Gebäuden (z.B. Schulen) oder öffentlichen Verkehrsmitteln vorgeschrieben. Das bedeutet, dass Gebäude, Wohnungen, Arbeitsplätze, Verkehrsmittel oder auch Freizeitangebote so gestaltet werden, dass sie für alle ohne fremde Hilfe zugänglich sind. Die Gebärdensprache ist eine offizielle Sprache in Österreich. Diese Maßnahmen sollen helfen, dass alle Menschen in unserer Gesellschaft ein gleichberechtigtes und selbstbestimmtes Leben führen können. ÷ Im 17. Jh. entdeckte der Engländer William Harvey die Bewegung des Blutes im Körper (Blutkreislauf). P Physiologie: Wissenschaft, die sich mit den Funktionen des Körpers beschäftigt ÷ Die vom Engländer Edward Jenner entwickelte Pockenschutzimpfung war ein Meilenstein in der Medizin. Seit 1980 gilt die Welt als pockenfrei. Damit sind die Pocken die einzige Infektionskrankheit, die bisher durch eine Impfung ausgelöscht werden konnte. Viele andere Impfstoffe haben dazu geführt, dass große Teile der Gesellschaft gegen bestimmte Krankheiten geschützt wurden. P psychisch Kranke: beeinträchtigt in Bezug auf Wahrnehmung, Denken, Fühlen, Verhalten etc. „Narrenturm“ in Wien, Foto, 2021 P Exklusion: Ausschluss oder Ausgrenzung von Menschen aus einer Gruppe P Inklusion: Einschluss oder Einbeziehung von Menschen in eine Gruppe Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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