erleben und gestalten 3 - Geschichte und politische Bildung, Schulbuch

162 Wahlen und Wählen Wahlen und Jugend Wählen mit 16 Mit der Wahlrechtsreform 2007 beschloss der österreichische Nationalrat, das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken. Jugendliche mit österreichischer Staatsbürgerschaft dürfen daher ab diesem Alter bei folgenden Wahlen ihre Stimme abgeben: Gemeinderatswahl bzw. -vertretungswahl, Landtagswahl, Nationalratswahl, Bundespräsidentschaftswahl und Wahlen zum Europäischen Parlament. Auch bei Volksabstimmungen, Volksbegehren und Volksbefragungen sind sie stimmberechtigt. Bei Wahlen zum Europäischen Parlament und Gemeinderatswahlen bzw. -vertretungswahlen dürfen alle EU-Bürgerinnen und -Bürger ab 16 Jahren mit Hauptwohnsitz in Österreich teilnehmen. Für das passive Wahlrecht wurde das Wahlalter von 19 auf 18 Jahre gesenkt (außer bei Bundespräsidentschaftswahlen). Begründet wurde die Senkung des Wahlalters u.a. damit, dass 16-Jährige bereits strafmündig und beschränkt geschäftsfähig sind, über ihre schulische bzw. berufliche Zukunft entscheiden bzw. zum Teil auch schon im Berufsleben stehen. Weltweit gibt es nur wenige Staaten, in denen Wählen unter 18 Jahren möglich ist. Bei der am 5. Juni 2007 im Nationalrat geführten Debatte äußerten sich einige Abgeordnete dazu folgendermaßen: Man habe endlich eingesehen, sagte sie, dass junge Menschen bei jenen Instrumenten, die ihre Lebenswelt betreffen, mit einbezogen werden müssen. [Dr. Glawischnig-Piesczek, Die Grünen] Junge Leute zahlten auch Steuer […], daher sollten sie auch mitbestimmen können, was mit den Steuern geschieht. [Dr. Wittmann, SPÖ] Man gebe […] damit den Jugendlichen die Möglichkeit, in das demokratische System hineinzuwachsen […]. Auf alle Fälle sei man jedoch gefordert, für die Jugendlichen entsprechende Angebote zu schaffen, um sie für die Politik und die Demokratie zu interessieren. [Dr. Schüssel, ÖVP] Wählen mit 16 sei eine wichtige Bereicherung für die Politik […]. Erfahrungen bei Landtagswahlen hätten zudem gezeigt, dass die Wahlbeteiligung bei 16- bis 18-Jährigen gleich hoch bzw. sogar höher sei als bei anderen Altersgruppen. [Dr. Gusenbauer, SPÖ] […] [M]anche Bedenken gegen die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre [wären] gerechtfertigt, vor allem sei damit die Gefahr verbunden, dass Wahlkämpfe in die Schulen hineingetragen würden. [Hofer, FPÖ] Parlamentskorrespondenz Nr. 439, 5. 6. 2007 Jungwählerinnen und Jungwähler Viele Parteien haben eigene Jugendorganisationen und eigene Jugendsprecherinnen und -sprecher. Als 2008 erstmals 16-Jährige wählen durften, wurde diese Wählerinnen- und Wählergruppe dennoch von den Parteien noch eher vernachlässigt. Mittlerweile wird ihr jedoch schon viel größere Aufmerksamkeit geschenkt. In den Webauftritten der Parteien gibt es meist spezielle Informationen für die Jugend. Auch im Wahlkampf wird diese Zielgruppe immer mehr beachtet. Es wird eigens an diese Altersgruppe angepasste Wahlwerbung gestaltet. Man will die Jungwählerinnen und Jungwähler auch durch moderne Medien (YouTube, X, TikTok, Instagram etc.) verstärkt ansprechen. ÷ Bereits seit 2002 durften 16-Jährige in manchen Bundesländern (z.B. im Burgenland) bei Gemeinderats- bzw. Bürgermeisterwahlen mitstimmen. ÷ In Österreich können Jugendliche ab 14 Jahren strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden und gelten daher als strafmündig. ÷ Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren sind beschränkt geschäftsfähig, d.h. sie dürfen über Taschengeld oder Einkommen aus eigenem Erwerb (z.B. Lehrlingsentschädigung) frei verfügen. Kleine Anschaffungen (z.B. Zeitschriften oder Kleidung) dürfen Jugendliche dieser Altersgruppe daher selbst tätigen. ÷ Als Jungwählerinnen und Jungwähler werden in der Regel Personen unter 30 Jahren bezeichnet. Wahlgeschenke, Foto, 2019 ÷ Welche Partei deine Interessen am ehesten vertritt, kannst du vor Wahlen beispielsweise mithilfe der Online-Orientierungshilfe „wahlkabine.at“ oder „wahlrechner.at“ herausfinden. Digitales Zusatzmaterial 6ve228 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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