16 Frühe Neuzeit Liebe und Ehe in der Neuzeit Das Leben in der Frühen Neuzeit Bis etwa zum 10. Lebensjahr galten Menschen in der Frühen Neuzeit als Kinder. Die Kindheit war durch viele Herausforderungen (wie z.B. schwere körperliche Belastung, Krankheiten oder Unfälle) geprägt. Kinder mussten früh arbeiten und zum Unterhalt der Familie beitragen. Die meisten Kinder erhielten keine schulische Bildung. Als Jugendzeit gilt die Zeit zwischen Kindheit und Eheschließung. Von der Zweckehe zur Liebesheirat Für die Menschen der Frühen Neuzeit war eine Eheschließung oft wirtschaftlich notwendig. Die meisten Familien hatten nicht die finanziellen Mittel, eine unverheiratete erwachsene Frau zu erhalten. Für Männer brachte die Ehe eine weitere Arbeitskraft in den Haushalt. Die Hochzeit erfolgte damals oft nach Eintritt der Geschlechtsreife mit ca. 15 bis 18 Jahren. In ärmeren Familien konnten sich viele jedoch in diesem Alter noch keinen eigenen Haushalt und Familie leisten und heirateten daher erst später. Meist gab es keine freie Wahl der Ehepartnerin bzw. des Ehepartners. Häufig entschieden die Familien über Eheschließungen. Die Frau arbeitete oft als Gehilfin ihres Mannes, in seinem Gewerbe oder auf seinem Hof. Manche Frauen waren aber auch als Hebammen oder gemeinsam mit ihren Ehemännern als Amtsfrauen (z.B. als Verwalterinnen von Kranken- oder Kinderhäusern) tätig. Im Zuge der Industrialisierung (ab Mitte des 18. Jh.) begannen immer mehr Frauen außerhalb des Haushalts zu arbeiten. Damit wurde der Wert ihrer Arbeit finanziell durch einen Lohn messbar. Dies wirkte sich auf die eheliche Beziehung aus, weil Frauen selbstbewusster wurden und neue Möglichkeiten der Lebensplanung sahen. Im 19. Jh. entstand in Europa und Nordamerika die Vorstellung von romantischer Liebe. Ehen wurden nicht mehr nur aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen. Die emotionale Verbindung zwischen zwei Menschen wurde immer wichtiger. Liebe und Sexualität Nach Auffassung der katholischen Kirche sollte der Geschlechtsakt allein dem Zeugen von Kindern dienen. Protestantischen Gläubigen hingegen war der Geschlechtsverkehr in der Ehe auch ohne den Wunsch, Kinder zu zeugen, gestattet. Bis ins 20. Jh. war Sexualität in Mitteleuropa nur in der Ehe erwünscht. Die gesellschaftliche Realität sah hingegen anders aus. Je nach Region gab es verschiedene Normen und Strafen für außerehelichen Geschlechtsverkehr. Unterschiede gab es auch zwischen den Gesellschaftsgruppen und Geschlechtern. Außerehelicher Geschlechtsverkehr war z.B. bei männlichen Adeligen eher akzeptiert. Bei weiblichen Adeligen wurde die Jungfräulichkeit der Braut vorausgesetzt, um sicherzustellen, dass der Ehemann eindeutig der Vater der Kinder ist. Besonders schwer hatten es Frauen, die durch vorehelichen Geschlechtsverkehr ihre Jungfräulichkeit und damit ihre soziale Ehre verloren hatten oder sogar ungewollt schwanger wurden. Sie wurden an den Rand der Gesellschaft gedrängt und hatten in der Folge kaum Aussicht auf eine Eheschließung und die damit verbundene Absicherung. Unehelich geborene Kinder wurden auch oft viel schlechter behandelt als eheliche. O Industrialisierung, S. 67 ÷ Lange Zeit wurden Begriffe wie Familienoberhaupt oder Haushaltsvorstand automatisch dem Mann zugeordnet. Das erklärt sich aus der untergeordneten Stellung der Frauen bis ins 19. Jh. Die Eheleute waren aber auch aufeinander angewiesen. Der Schuster, W. J. Makowski, Gemälde, 1882, Staatl. russisches Museum (St. Petersburg, Russland) ÷ In vielen Staaten der Welt gilt eine Heirat aus Liebe heute als Ideal. Es gibt aber auch noch viele Gesellschaften, in denen Ehen nach wie vor zwischen den Familien vereinbart werden (z.B. Zwangsehen). ÷ Viele hohe Adelige hatten offizielle Geliebte, sogenannte „Mätressen“. So war z.B. Madame de Pompadour die Mätresse des französischen Königs Ludwig XV. Marquise de Pompadour mit Muff, François-Hubert Drouais, Gemälde, 1763 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
RkJQdWJsaXNoZXIy MjU2NDQ5MQ==