erleben und gestalten 3 - Geschichte und politische Bildung, Schulbuch

150 Wahlen und Wählen Entstehung von Parteien Merkmale einer Partei Eine politische Partei ist eine Vereinigung von Menschen, die ähnliche politische Interessen und Vorstellungen haben. Parteien haben eine bestimmte Organisation und ihre Ziele sind in einem Parteiprogramm aufgeschrieben. Sie wollen den Staat (mit)regieren. Voraussetzungen für die Entstehung von Parteien Die Revolution von 1848 gilt als der Start der österreichischen Demokratiebewegung. Um 1860 entstanden erste politisch engagierte liberale Gruppierungen. Diese konnten mit der Zeit politische Entscheidungen beeinflussen. 1867 wurde das Vereins- und Versammlungsverbot durch die Dezemberverfassung aufgehoben. Danach entstanden verschiedene politische Gruppierungen. Die bedeutendsten waren zunächst Gruppen des liberalen bzw. konservativen Lagers. Bis sie allerdings zu Parteien wurden, dauerte es einige Zeit. Deutschnationale Gruppierungen Nach dem Ausgleich von 1867 befürchtete die deutschsprachige Bevölkerung Cisleithaniens, ihre Vormachtstellung innerhalb der Habsburgermonarchie zu verlieren. Es entwickelten sich verschiedene deutschnationale Gruppierungen. Diese setzten sich hauptsächlich aus Studierenden, Personen aus dem (Klein-) Bürgertum und Teilen der Bauernschaft zusammen. Sie waren meist antihabsburgisch, antiklerikal (kirchenfeindlich) und antisemitisch eingestellt. Es entstanden zwei Richtungen: Die gemäßigte Richtung wollte eine Sicherung der Stellung der Deutschen innerhalb der Monarchie. Die radikale lehnte die Habsburgermonarchie ab und forderte einen Zusammenschluss aller deutschsprachigen Länder. Ein wichtiger Vertreter war Georg Ritter von Schönerer. Sozialdemokratische Arbeiterpartei Auch die sozialdemokratische Bewegung entstand in den 1860er-Jahren. Zunächst war sie gepalten: Der gemäßigte Flügel forderte das Wahlrecht und damit ein Mitspracherecht im Staat. Der radikale Flügel strebte die Macht für die Arbeiterschaft durch eine Revolution an. Zum Jahreswechsel 1888/89 gelang Victor Adler beim Parteitag in Hainfeld (NÖ) eine Vereinigung der beiden Flügel. Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) wurde gegründet. Diese verstand sich als Vertretung der Arbeiterschaft und setzte sich u.a. für den Acht-Stunden-Arbeitstag und die Bildung von Gewerkschaften ein. Gefordert wurden auch das allgemeine Wahlrecht und soziale Sicherheit für alle. Christlichsoziale Partei 1893 wurde die Christlichsoziale Partei (CSP) von Karl Lueger gegründet. Das Parteiprogramm orientierte sich an Ideen der christlich-sozialen Bewegungen, die bereits zuvor existiert hatten. Sie wollten die Probleme, die durch die Industrialisierung entstanden waren, im Sinne der christlichen Lehre lösen (z. B. durch Erweiterung der Schutzgesetze für die Arbeiterschaft). Zu großer staatlicher Einfluss wurde abgelehnt. Unterstützt wurde diese politische Strömung v. a. von Kleinbürgerinnen und bürgern, aber auch von der niederen Geistlichkeit, der Bauern- und der Arbeiterschaft. Die parteipolitische Haltung war weitgehend konservativ, antisemitisch, antiliberal und antisozialistisch geprägt. O Identitäten, S. 136 P Lager: politische Richtung; Personen, die im politischen Leben dieselbe Meinung vertreten P Cisleithanien: österreichischer Teil der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn P Georg Ritter von Schönerer (1842–1921): Führer der Deutschnationalen, später Anführer der Alldeutschen Vereinigung Georg Ritter von Schönerer, Foto, um 1880, Sammlung Archiv für Kunst und Geschichte (Berlin, Deutschland) P Victor Adler (1852–1918): zunächst im Lager der Deutschnationalen aktiv; später Begründer der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Victor Adler, Foto, 1900 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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