erleben und gestalten 3 - Geschichte und politische Bildung, Schulbuch

132 Erster Weltkrieg Friedensverträge von 1919/20 Die Pariser Vorortverträge Mit den 1919 und 1920 in einigen Vororten von Paris abgehaltenen Friedenskonferenzen sollte eine neue internationale Ordnung geschaffen werden. Grundlage für die Friedensverhandlungen bildete das sogenannte 14-PunkteProgramm des amerikanischen Präsidenten Wilson. Darin wurden u.a. die Selbstbestimmung und wirtschaftliche Unabhängigkeit der Völker ÖsterreichUngarns, die Abrüstung sowie die Gründung eines Völkerbundes gefordert. Die Besiegten des Ersten Weltkrieges waren von den Friedensverhandlungen ausgeschlossen. Die Siegermächte (Frankreich, Großbritannien, Italien, USA) bestimmten die Bedingungen. Deutschland und seinen Verbündeten wurde die alleinige Schuld am Krieg zugewiesen. Die Bevölkerung dieser Länder fühlte sich aufgrund der aufgezwungenen Friedensverträge ungerecht behandelt. Dies war einer der Gründe, der zum Erstarken des Nationalismus, zu weiteren Spannungen zwischen den Staaten und letztlich zum Zweiten Weltkrieg führte. Vertrag von Versailles mit dem Deutschen Reich Vertrag von St. Germain mit Österreich æ Gebietsabtretungen (z.B. Kolonien, Elsass-Lothringen) æ Abrüstung auf ein Berufsheer von 100.000 Soldaten und Auslieferung des Kriegsmaterials æ Verpflichtung zu Reparationen æ Anerkennung der Unabhängigkeit Österreichs æ Gebietsabtretungen (z.B. Südtirol, Istrien, Triest, Kanaltal, Teile Kärntens und der Steiermark) æ Abrüstung auf ein Berufsheer von 30.000 Soldaten æ Anerkennung der Selbstständigkeit der Nachfolgestaaten der Monarchie æ staatliche Unabhängigkeit Österreichs (bedeutete Anschlussverbot) Folgen der Friedensverträge Die Grenzen in Europa wurden neu gezogen, viele Nationen wurden unabhängig (z.B. Ungarn und Polen). Eine langfristige Lösung der Minderheiten- bzw. Nationalitätenproblematik gab es jedoch nicht. Durch den Friedensvertrag von St. Germain kamen beispielsweise das hauptsächlich italienischsprachige Welschtirol (Trentino) und das hauptsächlich deutschsprachige Südtirol zu Italien. Erst in der 2. Hälfte des 20. Jh. wurden in Südtirol Regelungen zur Autonomie (Selbstständigkeit) verhandelt, die heute weitgehend akzeptiert sind. Durch die Bemühungen der österreichischen Delegation unter Karl Renner konnten aber das Burgenland und Teile Kärntens bei Österreich bleiben. Der Völkerbund Nach dem Ersten Weltkrieg wurde ein internationales Staatenbündnis zur Sicherung des Weltfriedens eingerichtet: Der Völkerbund hatte seinen Sitz in Genf (Schweiz). Die erste Sitzung fand 1920 statt, 42 Staaten nahmen daran teil. Gründungsmitglieder waren die Siegermächte des Ersten Weltkrieges. Österreich trat dem Völkerbund 1920 bei. Anfangs konnte der Völkerbund einige Erfolge bei der Lösung kleiner Konflikte erzielen. Eine wichtige Rolle nahm er auch bei der Betreuung von Flüchtlingen oder der Bekämpfung von Hunger ein. Die Bemühungen zur Sicherung des dauerhaften Weltfriedens waren aber mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges 1939 gescheitert. Der Völkerbund löste sich 1946 auf. Die Aufgaben wurden an die Vereinten Nationen (UNO) übertragen. O Identitäten, S. 136 Österreichische Delegation (Abgesandte) unter Karl Renner in St. Germain, Foto, 1919 (Frankreich) P Reparationen: Entschädigungsleistungen für Kriegsschäden ÷ Weitere Vorortverträge: Vertrag von Neuilly-sur-Seine mit dem Königreich Bulgarien (1919), Vertrag von Trianon mit Ungarn (1920), Vertrag von Sèvres mit dem Osmanischen Reich (1920) ÷ Auch nach den Vorortverträgen änderten sich noch Staatsgebiete und -bezeichnungen. ÷ Menschen und Organisationen, die sich für den Erhalt des Friedens einsetzen, können mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet werden. Bekannte Preisträgerinnen und Preisträger waren bisher: Henri Dunant (1901), Bertha von Suttner (1905), Internationales Komitee vom Roten Kreuz (1917, 1944, 1964), Martin Luther King (1964), Mutter Teresa (1979), Dalai Lama (1989), Malala Yousafzai (2014). Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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