erleben und gestalten 3 - Geschichte und politische Bildung, Schulbuch

12 Frühe Neuzeit Humanismus und Renaissance Humanismus Im Mittelalter bestimmte die Religion das Leben der Menschen. Im 15. Jh. begannen italienische Gelehrte und Künstler (Humanisten), diese Einstellung zu hinterfragen. Die Vorstellung, dass das Leben nur die Vorstufe auf die Zeit nach dem Tod (Jenseits) sei, wurde schrittweise abgelöst. Man beschäftigte sich mehr mit dem Leben in der Gegenwart (Diesseits) und rückte das Individuum in den Mittelpunkt. Damit entstand ein neues Menschenbild. Die Humanisten gewannen ihre Erkenntnisse nicht mehr nur aus der Bibel. Stattdessen beobachteten sie die Natur und beschäftigten sich vermehrt wieder mit Texten der griechischen und römischen Antike (z.B. Homer oder Cicero). Viele davon waren im Mittelalter in Vergessenheit geraten. Die wiederentdeckten Schriften der Antike verbreiteten sich infolge des Buchdrucks. Von Italien breiteten sich die humanistischen Ideen über ganz Europa aus. Bekannte Humanisten waren beispielsweise Francesco Petrarca, Nikolaus Kopernikus oder Erasmus von Rotterdam. Frauen war in dieser Zeit der Zugang zu einer höheren Ausbildung meist nicht möglich. Renaissance Auch in der Kunst gab es eine neue Begeisterung für die Antike. Man nennt diese Zeit Renaissance (franz. „Wiedergeburt“). Dabei handelt es sich um eine von Italien ausgehende geistige Bewegung, die um 1400 begann und bis zum 16. Jh. dauerte. Sie war geprägt durch die Wiederentdeckung der Geisteshaltung, Sprache, Kunst und Literatur der Antike. Heute spricht man von dieser Zeit oft als Renaissance-Humanismus. Kunst in der Renaissance Wichtige Künstler dieser Zeit waren beispielsweise Michelangelo Buonarroti, Raffael Santi oder Albrecht Dürer. Man geht davon aus, dass auch Frauen künstlerisch tätig waren. Sie durften ihre Werke aber nicht unter dem eigenen Namen veröffentlichen. Daher sind heute keine bekannt. Die Renaissancekünstler hatten ein neues Selbstverständnis: Sie fühlten sich nicht mehr nur als reine Handwerker, sondern als kreative Schöpfer eines Kunstwerks. Deshalb begannen sie, ihre Werke zu signieren. Sie arbeiteten nicht mehr hauptsächlich für die Kirche, sondern auch vermehrt für Adelige. Diese ließen sich ihre Paläste im Stil der Zeit ausstatten oder kauften Kunstwerke. So entstanden erste Sammlungen, die eine wichtige Grundlage für heutige Museen sind (z.B. Schloss Ambras in Innsbruck). Einige Adelige waren auch als Mäzene tätig. In dieser Zeit entstanden viele große Kirchengebäude mit riesigen Kuppeln. Berühmte Bauwerke im Renaissancestil sind beispielsweise der Dom zu Florenz, der Petersdom in Rom, das Landhaus in Graz oder die Schallaburg in Niederösterreich. Leonardo da Vinci Leonardo da Vinci gilt als das Ideal des Renaissance-Menschen. Er wird auch als Universalmensch („uomo universale“) bezeichnet, da er in ganz unterschiedlichen Bereichen tätig war. Neben der Malerei und Bildhauerei zeichnete er Pläne von technischen Gerätschaften. Da Vinci forschte auch im Bereich der Naturwissenschaften. Er hinterließ rund 13.000 Seiten an wissenschaftlichen Notizen in Spiegelschrift, technischen Plänen und anatomischen Skizzen. Dazu untersuchte er auch die Körper von Toten, was die Kirche damals streng verbot. P Humanismus: von lat. humanitas (Menschlichkeit); Strömung, die sich mit dem Menschen beschäftigt P Individuum: der einzelne Mensch mit seinen Besonderheiten Albrecht Dürer, Signatur, 1502 P signieren: als Urheberin bzw. Urheber das Werk mit der eigenen Unterschrift versehen P Mäzenin bzw. Mäzen: Person oder Institution, die mit Geld z.B. Künstlerinnen bzw. Künstler oder Sportlerinnen bzw. Sportler unterstützt und fördert P Leonardo da Vinci (1452–1519): italienischer Maler, Bildhauer, Architekt, Wissenschaftler und Erfinder; gilt als einer der berühmtesten Universalgelehrten aller Zeiten P anatomisch: den Bau des menschlichen oder tierischen Körpers betreffend Digitales Zusatzmaterial 6ia29w Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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