erleben und gestalten 3 - Geschichte und politische Bildung, Schulbuch

112 Migration Migration und EU Grundlagen der europäischen Migrations- und Asylpolitik In der Migrations- und Asylpolitik hatten die Europäische Union (EU) und ihre Mitgliedsstaaten in den letzten Jahren große Herausforderungen zu bewältigen. Eine der vier Grundfreiheiten innerhalb der EU ist der freie Personenverkehr. Um diesen zu erreichen, wurde in den Schengener Abkommen beschlossen, die Grenzen zueinander zu öffnen. So kann man ohne Grenzkontrollen reisen. Dafür sollten aber die Außengrenzen strenger kontrolliert werden. Dazu wurde die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) gegründet. Ab dem Jahr 2015 kam es zu einem starken Anstieg an Flüchtlingen („Flüchtlingskrise“), die nach Europa kamen. Auch die Zahl der gestellten Asylanträge stieg. Die EU versuchte in der Folge verstärkt, die Außengrenzen zu sichern. Auch innerhalb der EU wurden Grenzen wieder kontrolliert. Herausforderungen aufgrund von Migration Ein gemeinsames Vorgehen der EU-Mitgliedsstaaten in Bezug auf Flüchtlinge ist schwierig, da jedes Land andere Sichtweisen zum Thema Migration und Asyl hat. So gibt es Länder (z.B. Italien, Griechenland), die aufgrund ihrer geografischen Lage einen großen Anteil der über das Mittelmeer nach Europa Geflüchteten zunächst versorgen müssen. Manche Staaten (z.B. Ungarn) wollen Migration gar nicht zulassen. In den 1990er-Jahren wurde im Dubliner Übereinkommen festgelegt, dass der Staat für die Bearbeitung eines Asylantrags zuständig ist, in dem die flüchtende Person erstmals die EU betreten hat. Die Umsetzung stellte sich jedoch als schwierig heraus, da z.B. nicht immer feststellbar ist, in welchen Staat eine flüchtende Person zuerst eingereist ist. Kein Mitgliedsstaat kann die Herausforderungen, die die Migration mitbringt, allein bewältigen. So kann Italien beispielsweise nicht alle Flüchtlinge aufnehmen, die auf der Insel Lampedusa landen. Die EU bemüht sich um eine ausgewogene Verteilung der Aufgaben und der finanziellen Belastungen. Es braucht den Zusammenhalt aller EUStaaten. Irreguläre Migration Fast jeden Tag wird über Menschen berichtet, die versuchen, illegal in die EU zu gelangen. Je nach Herkunftsland gibt es unterschiedliche Flüchtlingsrouten. Menschen aus dem Nahen Osten (z.B. Syrien, Irak, Afghanistan) fliehen oft über die Balkanroute. Menschen aus afrikanischen Krisenregionen wollen meist über die sogenannten Mittelmeerrouten nach Europa gelangen. Wer Europa erreicht, wird notdürftig versorgt und kommt in ein Flüchtlingslager. Danach werden die nächsten Schritte von den zuständigen Behörden eingeleitet. Viele Menschen erreichen ihr erhofftes Ziel jedoch nicht. Jedes Jahr verunglücken oder sterben Tausende Menschen bei ihrem Versuch, in überfüllten und zumeist seeuntüchtigen Booten nach Europa zu gelangen. Andere müssen von der Seenotrettung aus dem Meer geborgen und in einen Hafen gebracht werden. Die europäischen Staaten setzen verschiedene Maßnahmen zur Abschreckung für zukünftige Flüchtlinge. Immer wieder kommt es zu Pushbacks. Dabei werden Migrantinnen und Migranten, die in einem Land Asyl beantragen wollen, gewaltsam an der Grenze zurückgeschoben. Solche Methoden sind illegal. Sie verstoßen gegen EU-Recht und die Genfer Flüchtlingskonvention. Menschen werden sich solange auf den Weg nach Europa machen in der Hoffnung auf eine Zukunft, bis die Fluchtursachen wie Kriege, Armut, Klimaerwärmung und wirtschaftliche Ungleichheit in ihren Heimatländern beseitigt sind. ÷ Der freie Personenverkehr und die Aufenthaltsfreiheit sind Teil der Unionsbürgerschaft, die für alle Bürgerinnen und Bürger der EU gilt. ÷ Die irreguläre Migration, also Einwanderung ohne Aufenthaltserlaubnis, ist zwar häufig Thema, aber in Wirklichkeit macht sie nur einen Bruchteil der Migration in der EU aus. P Schengener Abkommen: regeln Reisen innerhalb der teilnehmenden Staaten (u.a. Österreich); keine Kontrollen an den Binnengrenzen Flüchtlinge an der kroatischserbischen Grenze, Foto, 2015 ÷ Nach internationalem Seerecht ist jede Kapitänin bzw. jeder Kapitän auf hoher See nach ihren oder seinen Möglichkeiten verpflichtet, unabhängig von Nationalität oder Status der Hilfesuchenden, bei Seenot unverzüglich Hilfe zu leisten. Boot mit Migrantinnen bzw. Migranten und Flüchtlingen im Mittelmeer, Foto, 2021 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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