erleben und gestalten 2 - Geschichte und politische Bildung, Schulbuch

84 Mittelalter Die mittelalterliche Stadt Zahlreiche europäische Städte wurden im Mittelalter gegründet. Manche Siedlungen entstanden im Schutz einer Burg oder rund um Kirchen und Klöster. Oft wurden auch alte, verfallene Römersiedlungen wiederbelebt (z.B. Köln, Wien). Städte entwickelten sich v.a. dort, wo durch eine Anbindung an Straßen und Wasserwege günstige Bedingungen für den Handel herrschten. Ab dem 12. Jh. verliehen die Stadtherren manchen Ansiedlungen besondere Rechte, nämlich das Stadtrecht. Die Städte durften nun u.a. eine Stadtmauer errichten, ihre Stadt mit Waffen verteidigen und regelmäßig Märkte abhalten. Zudem konnten sie eigene Münzen prägen und an den Stadttoren Zölle verlangen. Merkmale europäischer Städte im Mittelalter Mittelalterliche europäische Städte waren von Stadtmauern mit Wachtürmen umgeben. Nachts wurden die Stadttore geschlossen. Die Wohnhäuser standen dicht gedrängt nebeneinander, die Gassen waren eng und meist ungepflastert. Wichtige Orte in der Stadt waren die Kirche für das religiöse Leben sowie das Rathaus und der Marktplatz. Das Rathaus war der politische und gesellschaftliche Mittelpunkt, dort hielten Bürgerinnen und Bürger Versammlungen und auch Feste ab. Das wirtschaftliche Zentrum war der Markt. Er war Grundlage für die Versorgung der Stadt mit Lebensmitteln und anderen wichtigen Gütern durch Handel und Handwerk. „Stadtluft macht frei“ Auch viele unfreie Bäuerinnen und Bauern zogen in die neu entstandenen Städte. Lebten sie mehr als ein Jahr in der Stadt, ohne dass der Grundherr sie zurückholte, dann erlangten sie persönliche Freiheit. Daher kommt der Ausdruck: „Stadtluft macht frei“. Stadtbewohnerinnen und -bewohner mussten Steuern an den Stadtherrn zahlen. Bürgerin bzw. Bürger einer Stadt konnte nur jemand sein, der ein Haus besaß und einem Beruf (Kaufmann oder Handwerker) nachging. Nur wer das Bürgerrecht besaß, durfte auch am politischen Leben der Stadt teilhaben. Stadtschulen und die Gründung von Universitäten Im Mittelalter galten die Klöster als Bildungszentren. Dort wurden hauptsächlich Buben unterrichtet, die einmal Geistliche werden sollten. Mädchen erhielten in den Klöstern nur sehr selten Schulunterricht. Doch auch Handwerks- und Kaufmannsfamilien legten Wert auf Bildung und wollten, dass ihre Kinder lesen, schreiben und rechnen lernten. Es wurden Stadtschulen eingerichtet, die im Spätmittelalter teilweise auch Mädchen besuchen durften. Unterrichtsfächer waren u.a. Religion, Sprachen und Buchhaltung. Die erste Universität wurde 1088 in Bologna (Italien) gegründet. Nach ihrem Vorbild entstanden in Europa weitere Universitäten, so auch die Universität Wien (1365). Die Arbeitssprache war damals Latein. Nach einer allgemeinen Ausbildung konnte man Theologie (Lehre von Gott), Medizin oder Rechtswissenschaft studieren. Viele Jahrhunderte lang durften nur Männer an Universitäten studieren. Für Frauen war ein Studium in Österreich erst ab 1897 möglich. P Stadtherren waren Grundherren, wie z.B. Könige, Fürsten, Bischöfe P Zölle: Abgaben bei der Wareneinfuhr in die Stadt › Das älteste Stadtrecht in Österreich weist Enns in Oberösterreich auf (1212). Wienertor in Hainburg, Foto, 2016 › Die erste deutschsprachige Universität wurde 1348 in Prag gegründet. Unterricht an der Universität Bologna (Rechtswissenschaft), Buchmalerei, 15. Jh. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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