erleben und gestalten 2 - Geschichte und politische Bildung, Schulbuch

82 Mittelalter Leben und Alltag auf dem Land Leben und Arbeiten im Dorf Im Mittelalter lebten die meisten Menschen als Bäuerinnen und Bauern in kleinen Dörfern am Land. Um den Boden für Ackerbau und Viehzucht zu gewinnen, musste Wald gerodet werden. Dafür schlossen sich meist mehrere Familien zusammen und bildeten eine Dorfgemeinschaft. Fast alle Familienmitglieder, auch Kinder, mussten bei der Bestellung der Felder und am Hof mitarbeiten. Die Erträge aus der Landwirtschaft waren oft gering, denn es gab keine Düngemittel so wie heute. Zudem verursachten z.B. Überschwemmungen, Dürren und Schädlinge öfters Missernten und lösten Hungersnöte aus. Frondienste – unbezahlte Arbeit Die meisten Bäuerinnen und Bauern waren unfrei. Sie waren der Grundherrschaft unterworfen, die das bewirtschaftete Land besaß (z.B. Adelige, Klöster). Als Leibeigene bzw. Hörige mussten sie Frondienste leisten. Das waren unbezahlte Arbeiten für den Grundherrn wie z.B. die Beschaffung von Bau- und Brennholz, die Bestellung der Äcker oder Botengänge. Auch einen Teil der Ernte mussten die Bäuerinnen und Bauern an die Grundherrschaft abliefern. O Herrschaftsformen, S. 68; Ausbeutung, S. 118, S. 126 › Die Bauernfamilien benötigten auch die Kinder als Arbeitskräfte. Sie mussten ca. ab dem siebten Lebensjahr auf den Höfen und Feldern mitarbeiten. Mittelalterlicher Räderpflug. Aus: „Sachsenspiegel“, Buchmalerei, 13. Jh. P Leibeigene: waren rechtlich und im persönlichen Leben von der Grundherrschaft abhängig, der das Land und die darauf lebenden Menschen gehörte › Bäuerinnen und Bauern stellten fast alles, was sie im Alltag benötigten, selbst her (Selbstversorger). › Das wichtigste Nahrungsmittel für die Menschen war Getreide (v.a. Roggen). In den Gärten baute man Gemüse (z.B. Bohnen, Kohl, Rüben) und Obst (z.B. Äpfel, Birnen, Kirschen) an. Kartoffeln oder Mais gab es im Mittelalter in Europa noch nicht. Fleisch wurde nur selten gegessen. Der letzte Stand [sind die], die auf dem Lande in Dörfern und Gehöften wohnen und dasselbe bebauen und deshalb Landleute genannt werden. Ihre Lage ist ziemlich bedauernswert und hart. Sie wohnen abgesondert voneinander, demütig mit ihren Angehörigen und ihrem Viehstand. Hütten aus Lehm und Holz, wenig über die Erde hervorragend und mit Stroh gedeckt sind ihre Häuser. Geringes Brot, Haferbrei oder gekochtes Gemüse ist ihre Speise, Wasser und Molken ihr Getränk. Ein leinener Rock, ein Paar Stiefel, ein brauner Hut ist ihre Kleidung. Das Volk ist jederzeit ohne Ruhe, arbeitsam, unsauber. Johannes Boemus, Über den Bauernstand (1520), in: Günther Franz (Hg.), Quellen, 1976, S. 82. Wandel der Landwirtschaft: Dreifelderwirtschaft und bessere Werkzeuge Im frühen Mittelalter war die Zweifelderwirtschaft üblich. Eine Hälfte des Ackers wurde bebaut, während der andere Teil brach lag, also nicht bebaut wurde. Diese Form der Landwirtschaft laugte aber die Böden schnell aus. Bis ins 11. Jh. setzte sich dann die Dreifelderwirtschaft flächendeckend durch. Die Anbaufläche wurde dreigeteilt. Ein Teilstück lag ein Jahr brach, um wieder Nährstoffe zu sammeln. Die beiden anderen Teile wurden jeweils mit Sommergetreide (z.B. Hafer) oder Wintergetreide (z.B. Roggen, Weizen) bestellt. Durch die Einführung der Dreifelderwirtschaft steigerten sich die Ernteerträge. Auch neue und verbesserte Werkzeuge erleichterten die Arbeit der Bauernschaft: Der von Tieren gezogene Räderpflug konnte mit einer Schneide aus Eisen tiefer in den Boden eindringen und Erdschollen auch wenden. Die Erfindung der Sense machte das Mähen bedeutend schneller und der Dreschflegel erleichterte das Herausschlagen der Getreidekörner aus der Ähre. Arbeit mit dem Dreschflegel, Buchmalerei, um 1340 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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