erleben und gestalten 2 - Geschichte und politische Bildung, Schulbuch

68 Herrschafts- und Staatsformen Feudalismus Grund und Boden zu besitzen, war im Frühmittelalter von entscheidender Bedeutung, denn die Menschen lebten fast ausschließlich von der Landwirtschaft. Zu einem großen Teil gehörte dem König das Land. Er konnte Teilbereiche davon an Adelige seines Reiches verleihen (Feudalismus). Das Lehenssystem Für diese Lehen musste der Adel Leistungen erbringen, wie z.B. Kriegsdienst oder den König in Friedenszeiten beim Regieren sowie bei der Verwaltung des Landes unterstützen. Dieses System schuf eine enge persönliche Bindung, die auf Treue und Leistung beruhte. Ebenso konnten Adelige an Vasallen Lehen vergeben. Sie konnten auch die Kriegsausrüstung ihrer Vasallen bezahlen und dafür eine Gegenleistung bekommen. Nach dem Tod eines Vasallen fiel dessen Lehen an den Lehensherrn zurück. Mit der Zeit wurden Lehen jedoch innerhalb einer Familie weitervererbt. Dies führte dazu, dass sich einzelne Adelsfamilien (z.B. die Babenberger) bedeutende Rechte und Besitzungen schufen. Die Grundherrschaft Die Grundherrschaft umfasste nicht nur das Grundeigentum, sondern sie schloss auch die Herrschaft über jene Personen ein, die den Boden bearbeiteten. Die Leibeigenschaft wurde in Österreich erst 1781 unter Kaiser Joseph II. aufgehoben. Die Grundherrschaft beinhaltete vielfältige Aufgaben, die heute zum Teil staatlich geregelt sind, wie z.B. die Rechtsprechung. Grundherren, Adelige oder kirchliche Einrichtungen gaben Land an abhängige Untereigentümer zur Bewirtschaftung weiter. Die Unterscheidung zwischen Unfreien und Freien hatte nicht unbedingt mit deren wirtschaftlicher Situation zu tun. Es gab sowohl arme Freie als auch wohlhabende Unfreie. Unfreie waren zu Abgaben und Frondiensten verpflichtet. Die Gesellschaftsordnung im Mittelalter Die Darstellung der mittelalterlichen Gesellschaft in streng getrennten Ständen entwickelte sich erst im 18. Jahrhundert. Sie prägte lange Zeit die Vorstellung von der sozialen Ordnung sowie den Handlungsspielräumen im Mittelalter. Sogenannte „Lehenspyramiden“ hatten großen Anteil an der Verfestigung dieser Vorstellung: an oberster Stelle stand der König, darunter Adelige und Geistliche und an unterster Stelle der Bauernstand. Die Gesellschaftsordnung im Mittelalter ergab sich jedoch aus komplizierten gegenseitigen rechtlichen Beziehungen, wie im System des Feudalismus erklärt. Dennoch vermitteln Quellen aus dem Mittelalter (z.B. Vorschriften zur Kleiderordnung) auch das Bild einer streng nach Ständen eingeteilten Gesellschaft. Vergabe von Rechten Herzöge, das waren besonders wichtige Adelige, erhielten oftmals Rechte, die sonst nur dem König vorbehalten waren. Dazu gehörten die Rechte, Gericht und Markt abzuhalten sowie Münzen zu prägen. Zoll- und Wegerechte sowie Fischerei- und Jagdrechte zählten ebenfalls dazu. O Mittelalter, S. 82 P Feudalismus: lat. „feudum“ (Lehngut); gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Ordnung im Mittelalter › Das Wort „Leihe“ leitet sich von Lehen ab. P Vasall: ursprüngliche keltische Bezeichnung für Mann, Knecht; im frühen Mittelalter (5.–7. Jh.) war dies jemand, der sich freiwillig in den Dienst eines Adeligen stellte; das Verhältnis beruhte auf Treue, die Schutz durch den Lehensherrn und Dienstleistungen durch den Vasallen umfasste P Stände: gesellschaftliche Gruppen, die durch bestimmte Rechte und Pflichten definiert und klar voneinander getrennt sind Herzogstuhl, Foto, 1990 (Maria Saal) › Der Herzogsstuhl geht auf das 9. Jh. zurück und wurde bei Lehensübergaben verwendet. Jesus Christus weist den drei Ständen ihre Aufgaben zu, Holzschnitt im Buch „Vorhersage“ des Pfarrers Johannes Lichtenberger, ca. 1488 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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