erleben und gestalten 2 - Geschichte und politische Bildung, Schulbuch

138 Politisches Handeln Direkte und indirekte Demokratie Direkte Demokratie Unter direkter Demokratie (Volksentscheid) versteht man alle Entscheidungen, die von der Bevölkerung direkt getroffen werden. In Österreich ist das durch Volksbefragungen, Volksabstimmungen und Volksbegehren möglich. Volksbefragungen und Volksabstimmungen werden auf Bundesebene vom Parlament in die Wege geleitet. Volksbegehren können von Wählerinnen und Wählern selbst angeregt werden. Volksbefragung Bei einer Volksbefragung werden Wahlberechtigte nach ihrer Meinung zu einem bestimmten Thema befragt. Das Ergebnis ist nicht bindend, das heißt, dass es nicht umgesetzt werden muss. 2013 fand erstmals eine bundesweite Volksbefragung zum Thema „Wehrpflicht“ statt. Die Bürgerinnen und Bürger entschieden sich für die Beibehaltung der Wehrpflicht. Volksbefragungen können auch in einzelnen Gemeinden oder Bundesländern abgehalten werden. So gab es beispielsweise 1986 in Niederösterreich eine Volksbefragung, ob das Bundesland eine eigene Landeshauptstadt haben soll und wenn ja, welche. 56 % stimmten damals für eine eigene Landeshauptstadt und so wurde St. Pölten zur niederösterreichischen Landeshauptstadt. Volksabstimmung Das Ergebnis einer Volksabstimmung ist bindend. Die Wählerinnen und Wähler entscheiden damit direkt, ob ein Gesetz eingeführt wird oder nicht. Eine Volksabstimmung muss jedenfalls durchgeführt werden, wenn eine Gesamtänderung der österreichischen Bundesverfassung geplant ist. Das war 1994 bei der Abstimmung über den Beitritt Österreichs zur EU der Fall. Eine Volksabstimmung kann vom Nationalrat aber auch angesetzt werden, wenn es um besonders wichtige Fragen geht. 1978 stimmte die österreichische Bevölkerung über die friedliche Nutzung der Kernenergie ab und lehnte die Inbetriebnahme des Atomkraftwerks Zwentendorf ab. Volksbegehren Mit einem Volksbegehren wollen Wählerinnen und Wähler erreichen, dass ein bestimmtes Anliegen im Nationalrat behandelt wird. Wird ein Volksbegehren von mindestens 100.000 Wahlberechtigten unterschrieben, muss sich der Nationalrat mit dem entsprechenden Anliegen beschäftigen. Das bedeutet aber nicht, dass in der Folge ein Gesetz verabschiedet (beschlossen) werden muss. Im Vorfeld von Volksbegehren berichten die Medien meist ausführlich darüber. Dadurch wird ein Anliegen öffentlich bekannt gemacht und diskutiert. Bis jetzt fanden in Österreich über 60 Volksbegehren statt. 2022 gab es z.B. ein Volksbegehren, das stärkere Maßnahmen für die seelische Gesundheit junger Menschen forderte. Indirekte Demokratie Unter indirekter Demokratie (auch repräsentative oder mittelbare Demokratie) versteht man politische Entscheidungen, die nicht durch das Volk selbst, sondern durch Volksvertreterinnen und Volksvertreter (Abgeordnete) getroffen werden. Diese vertreten uns im Nationalrat, im Bundesrat, in den Landtagen oder Gemeinderäten. Ihre Hauptaufgabe ist es, Gesetze zu diskutieren und zu beschließen. Abgeordnete gehören in der Regel einer politischen Partei an. O Herrschaftsformen, S. 64 › Volksentscheide werden in vielen Ländern auch Referenden oder Plebiszite genannt. Volksbegehren in Österreich bis 2022 › Seit 2018 können Volksbegehren nicht nur persönlich in Gemeinden sondern auch online unterschrieben werden. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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