63 Der Erste Weltkrieg in der NS-Propaganda Der Erste Weltkrieg spielte in der Propaganda der Nationalsozialisten eine wichtige Rolle. Zum einen lehnten sie die Bestimmungen des Versailler Friedensvertrages von 1919 ab (s. S. 14) Zum anderen nutzten sie die sogenannte „Dolchstoßlegende“ (s. S. 34). Wahlgewinne und Übernahme der Regierung Bei der Reichstagswahl von 1930 erlangten die radikalen Parteien an den rechten und linken Rändern enorme Zugewinne, während die etablierten und demokratisch gesinnten Parteien Verluste hinnehmen mussten (s. S. 34). Die NSDAP war nun zweitstärkste Partei hinter der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Ein wesentlicher Grund für diesen Wahlausgang war die Wirtschaftskrise. Daraus folgten eine enorme Arbeitslosigkeit und finanzielle Not, die nicht nur die Arbeiterschaft, sondern auch das Kleinbürgertum betraf. Die radikalen Parteien verstanden es, diese Not als Folge des parlamentarischen Systems darzustellen. M2: Wahlplakat der NSDAP. Farblithografie, 1932 Ab 1930 hatte die NSDAP schließlich Wähler/innen aus allen Gesellschaftsgruppen: Nichtwähler/innen, Bürgerliche, wie Beamte und Geschäftsleute, Pensionsbezieher/innen, Bauern und Bäuerinnen sowie Arbeiter/innen und Angestellte. 1932 wurde die NSDAP stimmenstärkste Partei. Am 30. Jänner 1933 erlangte Hitler das Amt des Reichskanzlers und übernahm die Regierung. Doppelstrategie führt zum NS-Erfolg Die Nationalsozialisten betrieben einen enormen propagandistischen Aufwand. 1932 organisierte der für Propaganda zuständige Joseph Goebbels (später NS-Propagandaminister) rund 6000 Wahlkampfveranstaltungen in Deutschland. Die Versammlungen fanden in großen Sälen, in Zelten oder im Freien statt, wodurch bis zu 10 000 Personen teilnehmen konnten. Aufmärsche und Fackelzüge wurden ebenso organisiert wie unterstützende Spezialausgaben der rechten Presse und Wahlplakate. Hitler bereiste das Land und hielt Reden, wobei er sich volksnah zeigte. Neben der Propaganda setzte man auf Gewalt gegen Gegner/innen. Hierzu bediente man sich der SA, der Schutzstaffel (SS) und ab Hitlers Ernennung zum Reichskanzler auch staatlicher Mittel, wie Repression, Einschränkung der Grundrechte und Kontrolle der Exekutive. „Machtergreifung“ – ein problematischer Begriff Am 30.1.1933 wurde Hitler zum Reichskanzler ernannt. Die Propaganda vermarktete dieses Ereignis als „Machtergreifung“ und Beginn des „Dritten Reiches“. Viele Geschichtsbücher übernahmen diesen Begriff mehr oder weniger unkritisch. In der Geschichtswissenschaft spricht man von einer Machtübertragung, da Hitler die Macht nicht gewaltsam ergriffen hat. Reichstagsbrand und Reichstagswahlen 1933 Am 27. Februar 1933 wurde das Berliner Reichstagsgebäude, der Tagungsort des Parlaments, in Brand gesteckt. Dieses Ereignis nutzten die Nationalsozialisten, um verstärkt gegen Oppositionelle vorzugehen (s. S. 35). Bereits tags darauf wurde die „Verordnung zum Schutze von Volk und Staat“ erlassen, mit der unter anderem die Meinungs- und Pressefreiheit abgeschafft wurden. Geschätzte 35 000 Oppositionelle wurden ermordet oder verhaftet und ohne Prozess in Gefängnissen und Konzentrationslagern interniert. Die Verhafteten waren stundenlangen Verhören, Folter, Einzelhaft oder Dunkelarrest ausgesetzt. Der folgende Wahlkampf fand in einer Atmosphäre der Angst und Einschüchterung statt. Mit der Reichstagswahl vom 5. März 1933 wurden die Nationalsozialisten mit 43,9 % stimmenstärkste Kraft und bildeten eine Regierung. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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