Alles Geschichte! 7, Schulbuch [Teildruck]

58 KOMPETENZTRAINING 3.11 Vorschnelle Urteile von sachlich begründeten unterscheiden: Der „Anschluss“ Österreichs „Anschluss“ Die geplante Vereinigung Deutschösterreichs mit der deutschen Republik wurde schon 1918 als Anschluss bezeichnet. Um diesen freiwilligen Anschluss von der im März 1938 durch den militärischen Einmarsch der deutschen Wehrmacht erfolgten Annexion zu unterscheiden, wird dieses Ereignis unter Anführungszeichen gesetzt. Chronologie März bis April 1938 9. März: Schuschnigg kündigt eine Volksabstimmung zur Unabhängigkeit Österreichs für den 13. März an. 11. März: Vormittag: Hitler setzt Schuschnigg ein Ultimatum für 14:00 Uhr, um die Volksabstimmung zu verschieben. – ca. 19:25 Uhr: Schuschnigg gibt über das Radio seinen Rücktritt bekannt. Bundespräsident Miklas verweigert, den Nationalsozialisten Seyß-Inquart zum Bundeskanzler zu ernennen. – 20:45 Uhr: Hitler erteilt der deutschen Wehrmacht den Befehl zum Einmarsch am 12. März – ca. 23:15 Uhr: Über Radio wird bekannt gegeben, dass Seyß-Inquart vom Bundespräsidenten Miklas mit der Führung der Regierungsgeschäfte betraut wurde. Österreichische Nationalsozialisten übernehmen die Macht. Es beginnt die Verfolgung politischer Gegner/innen. Interview mit Ludwig Soswinski vom 8.8.1983 zum „Anschluss“ Die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in Österreich durch die Bestellung des damaligen Bundespräsidenten hat um halb eins in der Nacht stattgefunden und um halb sechs in der Früh ist die österreichische Polizei gekommen, also weder die SA noch die SS, und hat mich verhaftet. M1: Portisch: „Das sind die zwei Stunden, die mich sieben Jahre gekostet haben …“, ORF TVthek, 8.8.1983, TC 1:55. 12. März: Einmarsch der deutschen Wehrmacht ohne Gegenwehr nach Österreich. 13. März: Das Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich tritt in Kraft. Mitteilung des Gemeindeamtes der Stadt Freistadt an Ludwig Hermentin am 30. März 1938 Gegen Ihre Aufnahme in die Stimmliste zur Volksabstimmung am 10. April 1938 wurde Einspruch erhoben mit der Begründung, daß sie infolge bewiesener betont feindseliger Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus nicht stimmberechtigt seien. M2: Mitteilung des Dokumentationsarchiv der österreichischen Widerstandes 236, Mai 2018. S. 8 (alte RS). Vorurteile, Vorausurteile von rational begründeten Urteilen unterscheiden Wenn man sich mit Fragen innerhalb politischer Prozesse auseinandersetzt, sich dazu eine eigene Meinung bildet und diese auch vertritt, dann vertritt man ein politisches Urteil. Dieses Urteil kann nicht nur in seinem Inhalt, sondern auch in der Qualität der Begründung sehr unterschiedlich zu Urteilen anderer ausfallen. Politische Urteile hängen von den persönlichen Werten ab und davon, wie genau man sich mit der Fragestellung auseinandergesetzt hat. Der Inhalt einer politischen Meinung setzt sich aus Sach- und Werturteilen zusammen. Sachurteile können mit Belegen aus Quellen und Darstellungen oder mit messbaren Daten argumentiert werden. Werturteile können nicht wahr oder unwahr sein, allerdings müssen sie ebenfalls begründet werden, z. B. mit Ideen, Wertmaßstäben oder – mit Einschränkung – Erfahrungen. Unter einem rational begründeten Urteil versteht man eine Meinung, die mit Argumenten untermauert ist. Dabei ist es wichtig, Belege auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen und zugrundeliegende Normen zu bewerten. Als Vorausurteil bezeichnet man eine Meinung, die auf unzureichendem Wissen beruht und daher nicht ausreichend begründet ist. Ein Vorurteil entsteht, wenn ein Vorausurteil nicht reflektiert wird und sich verfestigt. Vorschnelle Urteile von fundierten Urteilen unterscheiden – so gehst du vor: − Identifiziere in einem Text, auf einem Bild, in einem Spielfilm usw. ein politisches Urteil. − Lies den Text oder betrachte das Bild genau. Wenn es sich um einen Spielfilm handelt, höre gut auf den gesprochenen Text und betrachte gleichzeitig genau die gezeigten Bilder, die Handlung, die Figuren und die Szenerie. − Stelle fest, ob das politische Urteil ausreichend mit Argumenten (Quellen, Darstellungen, Daten usw.) untermauert ist. Wenn nicht, handelt es sich um ein Vorausurteil oder ein Vorurteil. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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