41 M3: Das neue Wappen der Republik Deutschösterreich wurde per Gesetz vom 8. Mai 1919 eingeführt. Richard Hauffe, Fotografie um 1920 Der Staatsvertrag von St. Germain-en-Laye Die Kampfhandlungen der Mittelmächte waren im November 1918 durch Waffenstillstände mit den alliierten Mächten der Entente beendet worden. Beginnend mit einer Vorkonferenz unter Ausschluss der Gegner im Januar 1919 erfolgten in Pariser Vororten gesonderte Friedenskonferenzen mit Deutschland, Deutschösterreich, Ungarn, Bulgarien und dem Osmanischen Reich (s. S. 14). Im Mai 1919 reiste eine Abordnung unter Staatskanzler Renner zu den Gesprächen in den Pariser Vorort Saint-Germain-en-Laye. Die deutschösterreichische Delegation war in die Gespräche nicht direkt eingebunden, es war ihr nur erlaubt, schriftliche Stellungnahmen und Vorschläge einzureichen. Anfang September 1919 wurde der fertige Vertragstext der österreichischen Abordnung übergeben und am 10. September im Schloss Germain-en-Laye von Renner unterzeichnet. Dieser Akt beendete formal den Kriegszustand zwischen den Staaten der Entente und Österreich. Kritik an den Bestimmungen Bei der Vorlage des Vertragstextes vor der deutschösterreichischen Nationalversammlung wurde an mehreren Punkten Kritik geäußert: • am Verbot der Vereinigung mit Deutschland, • am Verbot der Bezeichnung Deutschösterreich (der neue Name lautete Österreich), • am Verlust der beanspruchten deutschsprachigen Gebiete an die Nachbarländer, • am Verbot einer allgemeinen Wehrpflicht, • an den hohen Reparationszahlungen an die ehemaligen Gegner. • Trotz des Protestes gegen diese Punkte wurde der Vertrag von der deutschösterreichischen Nationalversammlung bestätigt. Die Republik Österreich nimmt Form an Die Arbeit der beiden Koalitionsparteien nahm nach einem erfolgreichen Anfang eine Wendung hin zu einer gegenseitigen Blockade aufgrund der gegensätzlichen Weltanschauungen. Die Koalition endete deshalb im Juni 1920 und die Neuwahl des nun als Nationalrat bezeichneten gesetzgebenden Gremiums fand am 17. Oktober 1920 statt. Die Verfassung der Republik Österreich Parallel zur Wahl trat das Bundesverfassungsgesetz der Republik Österreich bei der ersten Sitzung des neuen Nationalrats in Kraft. Es war unter der Mitarbeit des Rechtswissenschaftlers Hans Kelsen noch von der alten Nationalversammlung am 1. Oktober 1920 beschlossen worden. Die 152 Artikel umfassende Verfassung legt die Staats- und Regierungsform, den Aufbau des Staates und die Rechte der Menschen fest. Vier in der Verfassung festgelegte Prinzipien sind von grundsätzlicher Bedeutung: Österreich ist • eine Demokratie – das Volk wählt, • eine Republik – das Staatsoberhaupt wird gewählt, • ein Bundesstaat – Österreich besteht aus neun Bundesländern, • ein Rechtstaat – die Staatsgewalten sind auf die Gesetzgebung (Legislative), Verwaltung (Exekutive) und Gerichtsbarkeit (Judikative) zur gegenseitigen Kontrolle aufgeteilt. Jetzt bist du dran: 1. Arbeite anhand von M1 Gründe für die Kriegsmüdigkeit der Bevölkerung heraus. 2. Vergleiche die Atmosphäre des Fotos in M2 mit den Schilderungen im Autorentext. Formuliere Einschränkungen eines Fotos als Quelle aus. 3. Recherchiere auf parlament.gv.at mit dem Suchbegriff „202 Beilage konstituierende Nationalversammlung“ das Dokument imfname_719204 mit der Begründung der Wahl des Wappens (M3). Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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