4 Querschnitte behandeln ausgewählte Themen und ermöglichen einen Blick über den europazentrierten Tellerrand in andere Regionen der Erde. Die Inhalte dieser Kapitel werden sowohl mit klassischen als auch mit interaktiven Aufgaben bearbeitet. Die Lehrplan-Teilkompetenzen werden auf eigenen Doppelseiten trainiert. Es beginnt mit einer schüler/innengerechten Erklärung der Teilkompetenz, anschließend folgt eine knappe Schritt-für-Schritt-Anleitung für die Umsetzung und das Lösen der Aufgabenstellungen. Bildimpulse sowie „Wusstest du, dass…?“-Informationen stellen einen starken Gegenwartsbezug und einen Bezug zur Lebenswelt von Schülerinnen und Schülern her. „Jetzt bist du dran“ Arbeitsaufgaben am Schluss jeder Doppelseite. Das Kapitel „Grundlegendes“ legt mit einer Karte und einer entsprechenden Aufgabe die Basis für die räumliche Verortung der Großkapitelinhalte. Die beiden Großkapitel im Buch beginnen mit einer Auftakt-Doppelseite, mit Zitaten, Fun Facts und Aufgaben, die zum Einstieg in das Großkapitelthema anregen. Eine interaktive Übung soll dein Vorwissen aktivieren. Neue Horizonte »Alles Vortreffliche ist ebenso schwierig wie selten.« (Baruch de Spinoza, niederländischer Philosoph) »Lest, bildet euch! Allein die Lektüre entwickelt unseren Geist, das Gespräch verwirrt und das Spiel verengt ihn.« (Voltaire, französischer Philosoph und Schriftsteller) »Die tödliche Krankheit des Menschen ist seine Meinung, er wisse.« (Michel de Montaigne, französischer Jurist, Politiker, Philosoph) »In der Natur des Menschen finden wir drei Hauptursachen für Streit: Konkurrenz, Misstrauen und Ruhmsucht.« (Thomas Hobbes, englischer Mathematiker und Philosoph) »Glück ist ein Entschluss.« (René Descartes, französischer Philosoph und Naturwissenschaftler) Der Hundertjährige Krieg zwischen englischen und französischen Königen dauerte gar nicht genau 100 Jahre. In den 1630er Jahren kam es zur ersten Spekulationsblase der Wirtschaftsgeschichte. Dabei ging es um Tulpenzwiebeln. Die Verfolgungen von „Hexen“ und „Zauberern“ fanden nicht wie oft vermutet im Mittelalter, sondern in der Neuzeit statt. Kolumbus war bis zu seinem Tod nicht klar, dass er gar nicht in „Indien“, sondern auf einem ihm völlig unbekannten Kontinent gelandet war. Das heutige New York war ursprünglich Teil einer niederländischen Kolonie und hieß Nieuw Amsterdam. Jetzt bist du dran: 1. Wähle eine der obenstehenden Aussagen und recherchiere zusätzliche Informationen und Hintergründe dazu. Berichte sie deinem Sitznachbarn oder deiner Sitznachbarin. 2. Beurteile, ob die untenstehenden Zitate auch in der heutigen Zeit noch zutreffen. 3. Beschreibe das Bild auf der rechten Seite. 4. Formuliere einen treffenden Titel für das Bild auf der rechten Seite, berücksichtige dabei auch die Perspektive des Bildes. 5. Teste dein Vorwissen: Löse das interaktive Quiz zur Neuzeit. 6 »Wissen ist Macht..« (Francis Bacon, englischer Philosoph, Staatsmann und Naturwissenschaftler) Riou: Christopher Kolumbus‘ Landung auf San Salvador am 12. Oktober 1492. Kupferstich, um 1827. 7 90 1. Grundlegendes: Das lange 19. Jahrhundert 1.1 Ein Überblick Atlantischer Ozean Mittelmeer Mittelmeer Nordsee Ostsee Spanien Sardinien Frankreich Kaisertum Österreich Griechen- land Sachsen Hessen Schweiz Kirchenstaat Königreich beider Sizilien Norwegen Schweden Niederlande Belgien Lux. Russland Großbritannien und Irland O s ma n i s c h e s R e i c h P r e u ß e n Portugal Bayern Korsika Balearen Hannover Piemont Toskana Rom Neapel Palermo Paris Madrid Lissabon London Oslo Stockholm Berlin Köln Mailand Genua Venedig Turin Florenz Warschau Istanbul Athen Sofia Belgrad Wien München Stuttgart Budapest Prag Kiew Grenze des Deutschen Bundes (bis 1866) Revolutionen 1848/49 0 250 500 km M1: Hauptorte revolutionärer Erhebungen in Europa 1948/49 Die Aufklärung Ab der zweiten Hälfte des 17. Jh. verbreitete sich in Europa die geistige Strömung der Aufklärung (s. S. 96–97). Ihre Vertreter/innen forderten, dass Verstand und Vernunft der Maßstab jedes menschlichen Handelns und jeder Entscheidung sein sollten. Außerdem nahm mit der Aufklärung die Bedeutung der Naturwissenschaften stark zu. Gesellschaftspolitisch stand der Kampf für allgemeine Menschenrechte, bürgerliche Freiheiten (z.B. Meinungsfreiheit), aber auch religiöse Toleranz im Zentrum der Bewegung. Ihre Hochphase hatte sie im 18. Jh. Französische Revolution Inspiriert von den Ideen der Aufklärung wollten weite Teile der französischen Bevölkerung das als ungerecht empfundene Ständesystem überwinden und die absolute Herrschaft des Königs brechen. Die 1789 folgenden Aufstände, in deren Verlauf es zu großer Gewalt kam, werden als Französische Revolution bezeichnet (s. S. 100–104). Es wurden viele Fortschritte erreicht, auch wenn nicht alle von Dauer waren. Napoleon – „Kaiser der Franzosen“ Auf die Revolution folgte eine innenpolitisch instabile, unruhige Phase, die Napoleon nutzte. Er ergriff 1799 die Macht und gestaltete den französischen Staat erneut um. 1804 krönte er sich schließlich zum „Kaiser der Franzosen“ (s. S. 106). Unter Napoleons Führung eroberte das französische Heer weite Teile Europas, ehe es 1812 in Russland scheiterte und von einer breiten militärischen Allianz zurückgedrängt wurde. Eine weitreichende Auswirkung der Kriege war das Ende des schon zuvor mit inneren Problemen kämpfenden Heiligen Römischen Reiches (s. S. 107). Restauration und Revolutionen 1848/49 Nach dem Sieg gegen Napoleon waren die europäischen Herrscherhäuser darauf bedacht, die Ideen der Aufklärung einzudämmen und ihre eigene Macht zu sichern – häufig durch Verfolgung und Unterdrückung. Gegen diese „Restauration“ brachen 1848 und 1849 in ganz Europa Revolutionen aus, mit unterschiedlichem Erfolg (s. S. 112–115). 91 Industrialisierung Ab Mitte des 18. Jh. kam es ausgehend von England zu einer tiefgreifenden wirtschaftlichen Entwicklung: der Industrialisierung (s. S. 126–127). Dabei wurde Handarbeit in kleinen Betrieben durch Maschinen in großen Fabriken ersetzt. Angetrieben von zahlreichen Erfindungen, allen voran der Dampfmaschine, führte dies zu einem großen Produktionsvorteil. Waren konnten schneller und kostengünstiger hergestellt werden. In den meisten Ländern des europäischen Festlands erfolgte diese Entwicklung im 19. Jh. Weitreichende Folgen Die Veränderungen durch die Industrialisierung beschränkten sich nicht auf die Produktionsweise. Auch die Gesellschaft wandelte sich von einer bäuerlich geprägten hin zu einer, in der die arbeitende Klasse (= die Arbeiter/ innen) zunehmend größere Bedeutung erlangte. Es kam zu einem großen Bevölkerungswachstum und die Menschen zogen vermehrt in die Städte. Obwohl die Industrialisierung langfristig zu einem allgemein höheren Wohlstand führte, verursachte sie kurz- und mittelfristig auch große Armut. Gleichzeitig zogen die neuen Fabriken und die Energieerzeugung durch Kohle eine zunehmende Umweltverschmutzung nach sich, vor allem von Luft und Wasser (s. S. 127–133). Der Erste Weltkrieg Direkter Auslöser des Ersten Weltkrieges war das Attentat auf den österreichischen Thronfolger 1914 in Sarajevo. Doch die Ursachen für den Ersten Weltkrieg sind bereits in den Jahrzehnten davor zu finden: Die europäischen Großmächte standen weltweit miteinander im Wettbewerb um Einfluss und Land (Imperialismus, s. S. 80) und rüsteten daher ihr Militär auf (s. S. 142). Damit ging ein Militarismus einher, ein Vorherrschen militärischer Vorstellungen und Werte, das sich auch in der Bevölkerung ausbreitete. Der Militarismus traf auf den immer stärker werdenden Nationalismus (s. S. 136) der einzelnen Territorien und ihrer Bevölkerungen, der in Vielvölkerstaaten wie Österreich eng mit Unabhängigkeitsbestrebungen verbunden war (s. S. 139, 141 und 143). Ein weiterer Faktor waren die jeweiligen Bündnissysteme und die daraus resultierende globale Bedeutung lokaler Auseinandersetzungen (s. S. 143). Am Ende des Krieges 1918 gab es 17 Millionen Tote und bittere Armut in Europa, eine Reihe neuer unabhängiger Staaten, Gebietsverschiebungen und zwei abgesetzte Kaiser, auf die in Österreich und Deutschland jeweils die Errichtung einer Republik folgte. Jetzt bist du dran: 1. Recherchiere zu drei auf der Karte (M1) abgebildeten Städten, in denen Revolutionen stattfanden, einige Entwicklungen in den Jahren 1848/49 und vergleiche die Ergebnisse mit jenen deiner Mitschüler/innen. 2. Ermittle mit Hilfe des Textes die fehlenden Informationen und ergänze die Tabelle. Wann? Was? Wo? Details und Hintergründe Europa, Nordamerika Vernunft als Maßstab des Handelns; angestrebte Ideale sind u. a. Freiheit, allgemeine Menschenrechte und religiöse Toleranz Französische Revolution 1799 Baute den französischen Staat um und eroberte weite Teile Europas erste Hälfte des 19. Jh. Restauration Industrialisierung breitete sich von England aus 1914–1918 50 4. Neue Herrschafts- und Staatsformen 4.1 Venedig - Republik einst und jetzt Wusstest du, dass … … sich die Stadt Venedig über 118 Inseln erstreckt, die über 435 Brücken über etwa 175 Kanäle erreichbar sind? … man sich in Venedig nur mit Booten oder zu Fuß bewegen darf? … ab dem 14. Jh. als Vorsorge vor Krankheiten Schiffe 40 Tage lang vor der Küste bleiben mussten, bevor sie anlegen durften und dass daher das Wort „Quarantäne“ kommt (italienisch: quaranta = vierzig)? … San Marino mit mehr als 1700 Jahren die älteste Republik der Welt ist? … sich der Begriff „Republik“ aus dem lateinischen res publica herleitet und „öffentliche Sache“ bedeutet? … es verschiedene Arten von Republiken gibt, wie die Demokratische Republik, die Volksrepublik, die Aristokratische Republik, die Konstitutionelle Republik, die Diktatorische Republik, die Bundesrepublik oder die Islamische Republik? … der Begriff „Republik“ nicht gleichbedeutend mit dem Begriff „Demokratie“ ist? … sich etwa drei Viertel der Länder der Welt als Republik bezeichnen? An der Mündung des oberitalienischen Flusses Brenta in die Adria bildete sich durch Schwemmablagerungen nach der letzten Eiszeit eine Lagune. Die Bezeichnung entstammt dem lateinischen Wort für Lache oder Sumpf und bezeichnet heute eine von Meer durch Sandbänke weitgehend abgetrennte Meeresbucht. Ab dem Neolithikum begannen Menschen die verstreuten Inseln der Lagune zu besiedeln. Um das 10. Jh. v. Chr. entstand in der Region die eigenständige Este-Kultur. Die Bezeichnung für die ansässige Bevölkerung und in weiterer Folge auch die spätere Stadt leitet sich vom keltischen Stamm der Veneter ab. Durch die Expansion des Römischen Reiches erhielten die Veneter 49 v. Chr. die römischen Bürgerrechte und passten sich an die römische Gesellschaft an. M1: Giovanni Antonio Canal (genannt Canaletto): Rückkehr des Bucintoro (Staatsschiff) zum Pier an Christi Himmelfahrt. Gemälde, um 1730 Nach dem Vordringen germanischer Stämme in Italien im 6. Jh. entwickelten sich die Orte in der Lagune zum Rückzugsort der römischen Kultur. Das Byzantinische Reich konnte sich zunächst bis zum 8. Jh. in der Region Venetien weiter behaupten und setzte einen als Dux bezeichneten Stellvertreter ein. Mit dem Rückgang des byzantinischen Machtbereiches bildete sich in der Lagune die urbane Struktur Venedigs unter der Herrschaft der Dogen weiter aus. Während die europäischen Länder im Mittelalter überwiegend von Monarchinnen und Monarchen regiert wurden, etablierte sich in Venedig das System der Republik. 51 Durchlauchtigste Republik des Heiligen Markus Der Handel mit dem italienischen Festland sowie dem Byzantinischen Reich brachte große Gewinne für die Adelsfamilien in Venedig und die Unabhängigkeit vom Byzantinischen Reich. Darüber hinaus entwickelte sich Venedig zu einer Handels– und Kolonialmacht im Mittelmeer und im Schwarzen Meer. Nach Überlieferungen wählten die zwölf mächtigsten Adelsfamilien schon im 9. Jh. aus ihrer Mitte ein Oberhaupt (Doge, von lateinisch dux) auf Lebenszeit. Die Anzahl der an den politischen Prozessen beteiligten Familien änderte sich im Laufe des Bestehens der Republik, blieb aber stets nur ausgesuchten Familien vorbehalten. Obwohl einige Dogen versuchten, ihren Söhnen die Nachfolge als Doge zu vereinfachen, blieb das republikanische System in Venedig bis 1797 bestehen (s. S. 17). Der Doge war zwar das Oberhaupt, konnte aber nicht gegen die Räte entscheiden. Im Eid promissione ducale wurden die Befugnisse und Pflichten des Dogen beim Amtsantritt genau festlegt. Der Eid des Dogen Enrico Dandolo 1192 rechtschaffen in Gerechtigkeit regieren; das Ansehen Venedigs erhöhen; schnell allen gerecht werden; die Gesetze unparteiisch anwenden; falschen Dokumenten gerecht werden; das Geheimnis bewahren, das in den Räten debattiert wurde; sich kein Eigentum oder Einkommen, das der Gemeinde zusteht, aneignen; niemandem das Siegel des Herzogtums verleihen; mindestens zehn Schiffe für die Gemeinde auf eigene Kosten bewaffnen; die Wahl der Bischöfe und des Patriarchen nicht beeinflussen; keine persönlichen Briefe an den Papst, den Kaiser oder die Könige senden; Richter und Notare nicht von sich aus bestellen; die Kollegialität bei der Machtausübung achten; die gute Vereinbarung zwischen dem Kleinen und dem Großen Rat aufrechterhalten. M2: Online auf: http://www.veneziamuseo.it (11.10.2022, übersetzt) Die demokratische Republik Österreich Nach der Ausrufung der Republik am 12.11.1918 wurde am 1.10.1920 in der konstituierenden Nationalversammlung das Bundesverfassungsgesetz (d. h. letztlich die Verfassung) beschlossen. Seit dem Inkrafttreten am 10.11.1920 bildet die Verfassung die Grundlage des politischen Systems in Österreich. Das Staatsoberhaupt (Bundespräsident/in) wird gewählt (Republik) und das Volk wählt die politischen Vertreter/innen (Demokratie). Bis heute wurden mehrere Abschnitte der Verfassung überarbeitet (novelliert). Die Novelle von 1929 Die beschlossene Novelle von 1929 führte zu einer Verlagerung der politischen Entscheidungsgewalt vom Parlament zum Staatsoberhaupt und zur Bundesregierung. Wurde das Staatsoberhaupt bis 1929 von der Bundesversammlung, bestehend aus den zwei Kammern des Parlaments, dem Nationalrat und dem Bundesrat gewählt (indirekte Wahl), führte die Novelle die Direktwahl des Staatsoberhauptes durch das Volk ein. Ein Ausschnitt der Aufgaben und Kompetenzen des Bundespräsidenten, 2022 Vertretung der Republik Österreich nach außen; Abschluss von Staatsverträgen; Oberbefehl über das Bundesheer; Ernennung und Entlassung des Bundeskanzlers; Angelobung des Bundeskanzlers, der Mitglieder der Bundesregierung und der Landeshauptleute; Entlassung der gesamten Bundesregierung; Einberufung der Bundesversammlung; Ernennung der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes; Beurkundung des verfassungsmäßigen Zustandekommens der Bundesgesetze; Erlassung von Notverordnungen; Verleihung von Amtstiteln; Begnadigungen im Strafrecht; M3: Online auf: https://www.oesterreich.gv.at (11.10.2022) Einige Kompetenzen des Bundespräsidenten können nur über einen Vorschlag des Bundeskanzlers (z. B. Ernennung/ Entlassung der Bundesregierung) oder der Bundesregierung (z.B. Ernennung der Mitglieder der Höchstgerichte) ausgeübt werden. Für Begnadigungen benötigt der Bundespräsident einen Vorschlag aus dem Justizministerium. Jetzt bist du dran: 1. Beschreibe anhand von M1 die Wirkung des Dogenpalastes von Venedig. 2. Vergleiche die Aufgaben der Dogen in M2 mit jenen des österreichischen Staatsoberhauptes in M3. 3. Recherchiere die folgenden Republiken: Demokratische Republik, Volksrepublik, Aristokratische Republik und Konstitutionelle Republik. Arbeite die Unterschiede zwischen diesen Formen heraus. 160 QUERSCHNITT Im mittelalterlichen Europa galten Städte mit 10 000 bis 20 000 Menschen bereits als Großstädte. Dazu gehörten z.B. Brügge, Paris, London und Florenz. Mehr als 90 % der europäischen Städte hatten damals weniger als 2000 Einwohner/innen und man würde sie heute als Dörfer oder Kleinstädte bezeichnen. Im Jahr 1000 zählte keine europäische Stadt zu den größten Städten der Welt. Zu den Top-Ten-Metropolen weltweit gehörten Angkor ( Kambodscha), Kaifeng ( China), Cahokia ( USA) und Kairo ( Ägypten). Aktiviere dein Vorwissen: 1. Recherchiere die zurzeit bevölkerungsreichsten fünf Städte weltweit und lokalisiere sie auf der Weltkarte. Liste Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Bezug auf ihre geografische Lage auf. Vergleiche diese Ergebnisse mit den Informationen zur bevorzugten Lage von Städtegründungen im europäischen Mittelalter (s. S.124). 2. Benenne Freiheiten und Möglichkeiten, die mittelalterliche Städte ihrer Bevölkerung boten. Vergleiche diese Situation mit dem Leben in modernen Städten und diskutiere: Macht Stadtluft auch heute noch frei? Die europäische Stadt – ein Dorf? Die Welt um das Jahr 1000. Großstädte auf drei Kontinenten Wo gab es um das Jahr 1000 große Städte? Worin ähnelten sie einander und wodurch unterschieden sie sich? Nach dem Untergang Westroms und dem Verfall der von den Römern gegründeten Städte dauerte es Jahrhunderte, bis in Europa nördlich der Alpen das städtische Leben wieder aufblühte. Atlantischer Ozean Atlantischer Ozean Pazifischer Ozean Pazifischer Ozean Pazifischer Ozean Indischer Ozean Europäisches Nordmeer Nordsee Schwarzes Meer Baffin Bay Golf von Mexiko Golf von Alaska Karibisches Meer Hudson Bay Barentssee Arabisches Meer Korallenmeer Tasmansee Golf von Bengalen Beringmeer Beringmeer Ochotskisches Südchines. Meer Ostchinesisches Meer Japan. Meer Meer Nordpolarmeer Nordpolarmeer Ostsee Kaspisches Meer Rotes Meer Golf v. Aden Pers. Golf Golf v. Oman Mittelmeer Córdoba Cahokia Kairo Angkor M1 Die Welt um das Jahr 1000. Großstädte auf drei Kontinenten Im Jahr 1050 lagen die drei größten Städte Europas in maurisch besetzten Teilen Spaniens und Italiens. Erst Mitte des 11. Jh. erwachten ursprünglich römische Städte, wie Mainz und Köln, wieder zum Leben und wurden neue Städte, wie Leipzig und Berlin, gegründet. 161 Cahokia – erste Großstadt Nordamerikas M2 Monk Mound, der größte prähistorische Erdbau Amerikas, im heutigen US-Bundesstaat Illinois, 2021 Die Mississippians Über die Bewohner/innen von Cahokia weiß man wenig. Es gibt aber Hinweise auf eine streng hierarchische Struktur in der Gesellschaft. Gehandelt wurde unter anderem mit Feuerstein, Kupfer und Muscheln. Die Landwirtschaft, speziell der Anbau von Mais, war wesentlich für die Ernährung der Bevölkerung. Dabei dürften die Frauen eine wichtige Rolle gespielt haben. Die Mississippians besaßen astronomische Kenntnisse, wie die sogenannten Woodhenges belegen. Diese aus Holzpfeilern bestehenden Kreise wurden zur Berechnung von Sonnenwenden und Tagundnachtgleichen genutzt. Ein eilig aufgestellter hölzerner Verteidigungswall weist auf eine Bedrohung von außen hin. Viele Fragen blieben aber bislang offen, auch weil es sich bei der Mississippi-Kultur um eine schriftlose Kultur handelte. So ist bis heute nicht gesichert, warum die Stadt im 15. Jh. verlassen wurde. Noch vor den Entdeckungsfahrten der Europäer gab es in Nordamerika bereits die erste Megacity, heute bekannt unter dem Namen Cahokia. Dort lebten im Jahr 1000 wahrscheinlich mehr Personen als im damaligen London. Schätzungen gehen von 10 000 bis 20 000 Menschen, teilweise sogar von bis zu 30 000 Menschen aus. Cahokia war die bevölkerungsreichste und größte Stadt Nordamerikas. Die Überreste Cahokias befinden sich im heutigen US-Bundesstaat Illinois nahe St. Louis. Wie die Stadt ursprünglich geheißen hat, weiß man nicht. Erst europäische Siedler/innen gaben ihr den Namen Cahokia, nach einem der zwölf Indianerstämme, die in diesem Gebiet lebten. Die historische Stätte ist seit 1982 UNESCO-Weltkulturerbe. Stadtstruktur und „mounds“ Cahokia war eine geplante Stadt, die sich mitten in der Prärie des Mississippi-Gebietes über 15 km2 erstreckte. Sie war das Zentrum der sogenannten Mississippi-Kultur. Die Bewohner/innen, Mississippians genannt, errichteten etwa 120 künstliche Hügel („mounds“). Der größte von ihnen, Monk’s Mound, ist heute immer noch 30 Meter hoch und hat eine Grundfläche von 300 x 240 Metern; Monk’s Mound ist der größte prähistorische Erdbau in Amerika. Um diesen Hügel aufzuschütten und zu bauen, trugen die Einwohner/innen von Cahokia 300 Jahre lang, zwischen 900 und 1200, Erde in Körben heran. Auf der Spitze befand sich vermutlich die Residenz eines Herrschers oder Priesters. Den Namen erhielt der Hügel allerdings erst von französischen Mönchen, die im 19. Jh. in diese Gegend kamen. Jetzt bist du dran: 1a. Recherchiert in Kleingruppen weitere Informationen zu den Cahokia Mounds im Internet. (Linktipp) 1b. Präsentiert einen Aspekt der Mississippi-Kultur, der euch besonders interessant erscheint. 2. Rufe mit der QuickMedia-App den Podcast über Cahokia auf. Du hörst ein Gespräch mit dem Kulturanthropologen Michael Hochgeschwender. 3. Löse die interaktiven Aufgaben zum Podcast mit dem Kulturanthropologen Michael Hochgeschwender. So arbeitest du mit dem Buch 104 KOMPETENZTRAINING 2.5 Recherchefähigkeiten für die Erstellung einer eigenen Darstellung der Vergangenheit entwickeln: Frauen in der Französischen Revolution Fachspezifische Recherchefähigkeiten für die Erstellung einer eigenen Darstellung der Vergangenheit (historische Narration) entlang einer historischen Fragestellung entwickeln (z. B. Fachliteratur sichten, Nutzung von Internetarchiven) Um ein Ereignis der Vergangenheit darstellen zu können, ist es notwendig, eine Vielzahl verschiedener Quellen und bereits vorhandener Darstellungen zu sichten. Das können einerseits etwa schriftliche und bildliche Quellen sein, andererseits Fachliteratur, Dokumentarfilme usw. Daher braucht es im ersten Schritt eine umfangreiche Recherche, um die Quellen und Darstellungen zu finden, die das Ereignis thematisieren. Damit die Recherche zielgerichtet durchgeführt werden kann, ist es hilfreich, eine Frage zu formulieren. Diese Fragestellung gibt z. B. vor, welche Fachliteratur oder welche Quellengattungen man beachten sollte. Recherchefähigkeiten für die Erstellung einer eigenen Darstellung der Vergangenheit entwickeln – so gehst du vor: − Formuliere eine möglichst konkrete Frage an das Thema, das du darstellen möchtest. − Recherchiere online und, wenn möglich, in der nächstgelegenen Bibliothek Quellentexte und Fachliteratur zu deiner Fragestellung. Verwende verschiedene Suchbegriffe und Suchkombinationen. Ziehe Teilfragen heran, z.B.: − Welche historischen Personen und Gruppen waren am Ereignis beteiligt? − Welche Denkströmungen haben das Ereignis beeinflusst? − Bei Darstellungen: Aus welcher Zeit stammen diese? − Suche online bildliche Quellen zu deinem Thema. − Notiere bereits während der Recherchen stichwortartig die gefundenen Informationen zu deiner Fragestellung. Auf Seite 102 wurde kurz auf die Rolle von Frauen während der Französischen Revolution eingegangen. Hier soll dieses Thema vertieft werden. Viele Frauen waren aktiv an der Revolution beteiligt, andere waren Vertreterinnen des Ancien Régime. Beispielsweise hatten Olympe de Gouges und Marie-Antoinette, die du in Kapitel 2.4 kennen gelernt hast, als Protagonistinnen der Französischen Revolution unterschiedliche Positionen. Männer der neuen französischen Nationalversammlung beurteilten das aktive, teilweise radikale Engagement von Frauen an der Revolution sehr unterschiedlich. Später wurde diese Beteiligung von Frauen vergessen oder verdrängt. Erst im Zuge der Zweiten Frauenbewegung in den 1970er-Jahren begann zum Beispiel die Auseinandersetzung mit den politischen und philosophischen Schriften der Autorin und Revolutionärin Olympe de Gouges. Tipps für die Recherche • Die nächstgelegene öffentliche Bücherei findest du, wenn du auf der folgenden Website deinen Wohnort eingibst: www.bibliotheken.at/region. • Für die Onlinesuche nach Literatur eignen sich auch Suchportale von städtischen Büchereien und Universitätsbibliotheken. Auf einigen dieser Suchportale kannst du angeben, dass du nur frei zugängliche („open access“) Literatur suchst, also solche, die du nicht bezahlen musst. • Für die Onlinesuche nach bildlichen Quellen verwende z. B. die Bilddatenbank APA-PictureDesk, das Bildarchiv Austria der Österreichischen Nationalbibliothek, Datenbanken von Museen oder die Google-Bildersuche. • Wenn es sich um ein zeitgeschichtliches Ereignis handelt, kannst du Tonaufnahmen und Videos online in der Österreichischen Mediathek recherchieren. • Achte bei deiner Recherche darauf, Wikipedia nur als Ausgangspunkt zu benutzen. Wikipedia-Seiten können dir einen Überblick verschaffen und haben oft eine umfangreiche Linksammlung, die dich weiterführt. Vermeide Wikipedia als Quelle, die du zitierst. 105 Aus Jean-Baptiste Amars Rede am 30. Oktober 1793 im französischen Nationalkonvent Jedes Geschlecht ist zu der Tätigkeit berufen, die ihm entspricht; seine Handlungen sind auf einen Kreis beschränkt, den es nicht überschreiten darf, weil die Natur selbst diese Grenzen dem Menschen gesteckt hat. […] Erlaubt die Ehrbarkeit dem Weibe, dass es sich öffentlich zeigt, dass es mit Männern diskutiert und öffentlich, angesichts des Volkes, sich über die Fragen ausspricht, von denen das Wohl der Republik abhängt? Im Allgemeinen sind die Frauen unfähig hoher Konzeptionen und ernster Überlegungen. […] Aber noch unter einem anderen Gesichtspunkt sind Frauenvereine gefährlich. Wenn wir bedenken, dass die politische Erziehung der Männer noch im Frührot der Entwicklung steht und dass wir das Wort Freiheit erst zu stammeln vermögen, um wie viel weniger aufgeklärt sind dann die Frauen, deren Erziehung bis jetzt gleich null war. M1: Aus: Grubitzsch/Cyrus/Haarbusch (Hg.): Grenzgängerinnen. Revolutionäre Frauen im 18. und 19. Jahrhundert, 1985, S. 276–277. M2: Pierre Vidal: Olympe de Gouges. Zeichnung nach zeitgenössischem Bildnis, um 1890 Über Olympe de Gouges 1789 wird im Zuge der Französischen Revolution die Deklaration der Menschen- und Bürgerrechte verfasst, zwei Jahre später nimmt die Nationalversammlung die neue Verfassung an, die auf dieser Erklärung basiert. Olympe de Gouges ist empört darüber, dass die Frauen, ohne deren Einsatz auf den Barrikaden die Revolution nicht erfolgreich gewesen wäre, nun von den eigenen Kampfgefährten wieder aus dem politischen Leben verbannt werden sollen. Die Frauen protestieren in einem ‚Gesuch der Damen an die Nationalversammlung‘ […]. Wenige Tage später veröffentlicht Olympe de Gouges ihre ‚Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin‘ mit zwölf Artikeln, in denen sie die Aufnahme der Frauen in die Nationalversammlung fordert und in Artikel 3 erklärt: „Die Legitimität jeder Herrschaft ruht wesentlich in der Nation, die nichts anderes darstellt als die Vereinigung von Frauen und Männern.“ M3: FrauenMediaTurm – Feministisches Archiv und Bibliothek: Olympe de Gouges. Online auf: frauenmediaturm.de (29.9.2022). M4: Anonym: „Die Frauen von Paris gehen nach Versailles (5. Oktober 1789)“. Französische Farblithographie, Nr. 7 der Sammelbildchen- Serie „Histoire de France entre 1789 et 1799“, um 1900 Jetzt bist du dran: 1. Deine Fragestellung lautet: Wie wurden jene Frauen, die im Oktober 1789 zum König nach Versailles zogen, in Bildern unterschiedlicher Epochen dargestellt? Recherchiere nun zusätzlich zu den auf dieser Seite angezeigten weitere bildliche Darstellungen aus unterschiedlichen Epochen. Verwende verschiedene Suchbegriffe und Suchkombinationen (Marktfrauen, Fischfrauen, Pariserinnen, 1789 usw.). 2a. Formuliere auf Grundlage deines bestehenden Wissens und der Informationen im Kapitel eine Frage zum Thema „Frauen in der Französischen Revolution“. 2b. Gehe bei deiner Recherche nach den im Kapitel empfohlenen Schritten vor. Notiere deine Recherche-Ergebnisse in einer Mindmap. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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