Alles Geschichte! 7, Schulbuch [Teildruck]

36 KOMPETENZTRAINING 2.10 Erhebungen nachvollziehen und deren Daten analysieren: Hyperinflation Erhebungen nachvollziehen, die im politischen Diskurs eingesetzt werden, und deren Daten analysieren (Art der Datenerhebung erkennen, dahinter liegende Fragestellungen nachvollziehen, Sachaussagen und bewertende Aussagen identifizieren) Die Erhebung und die Analyse von Daten sind wichtige Schritte in der Forschung. Die erhobenen, d. h. durch systematisches Vorgehen beschafften Rohdaten werden durch gezielte Analyse in wertvolles Wissen und hilfreiche Erkenntnisse zu einem bestimmten Thema umgewandelt. Dank dieser Fähigkeit können wir nützliche Informationen über Ereignisse erhalten und diese einer Interpretation oder einem Vergleich mit anderen Daten unterziehen. Gerade im politischen Diskurs werden Datenanalysen gerne herangezogen, um den eigenen Standpunkt zu untermauern oder politische Forderungen zu begründen. Die Untersuchung der Erhebungsweise bzw. -methode ist dabei ebenso wichtig wie die Absicht zu kennen, die der Datenerhebung zugrunde liegt. Nur so können die Informationen entschlüsselt, überprüft und praktisch eingesetzt werden. Erhebungen nachvollziehen und Daten analysieren – so gehst du vor: − Stelle fest, wie und von wem die Daten erhoben wurden und wer die Studie in Auftrag gab. − Ermittle die Fragestellung hinter der Erhebung. Was wollten die Forscher/innen erkunden? − Fasse die Daten für dich übersichtlich zusammen. − Analysiere die Erkenntnisse, die aus den Daten gewonnen wurden. Achte dabei darauf, ob die Aussagen sachlich-wertneutral oder einseitig-bewertend formuliert sind. − Vergleiche deine Analyse mit der Art und Weise, wie die Erkenntnisse im politischen Diskurs verwendet werden, z.B. in unterschiedlichen Tageszeitungen oder in Interviews von Politikerinnen und Politikern oder von Interessenvertretungen. Die Weimarer Republik hatte nach dem Ersten Weltkrieg mit großen finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen (s. S. 32 f.). Die Bevölkerung und die heimgekehrten Soldaten mussten versorgt werden, das Land musste wiederaufgebaut werden. Der Vertrag von Versailles verpflichtete Deutschland zu hohen Reparationszahlungen an die Siegermächte. Der passive Widerstand gegen die Besetzung des Ruhrgebietes musste finanziert werden. Damit das Land dennoch zahlungsfähig blieb, wurde von der deutschen Notenpresse weiterhin Geld gedruckt. Da jedoch keine Gold- und Devisenreserven für die Deckung der Währung mehr vorhanden waren, verlor das Geld seinen Wert und es kam zu einer Hyperinflation, d.h. einer raschen, massiven Geldentwertung. Diese konnte erst durch die Einführung der Rentenmark am 15. November 1923 gestoppt werden (s. S. 33). 1 Billion Mark entsprachen einer Rentenmark. Autor Stefan Zweig über die Hyperinflation (1942) […] man zahlte in der Straßenbahn mit Millionen, Lastwagen karrten das Papiergeld von der Reichsbank zu den Banken, und vierzehn Tage später fand man Hunderttausendmarkscheine in der Gosse: ein Bettler hatte sie verächtlich weggeworfen. Ein Schuhsenkel kostete mehr als vordem ein Schuh, nein, mehr als ein Luxusgeschäft mit zweitausend Paar Schuhen, ein zerbrochenes Fenster zu reparieren mehr als früher das ganze Haus, ein Buch mehr als vordem die Druckerei mit ihren Hunderten Maschinen. […] Ich glaube Geschichte ziemlich gründlich zu kennen, aber meines Wissens hat sie nie eine ähnliche Tollhauszeit in solchen riesigen Proportionen produziert. Alle Werte waren verändert und nicht nur im Materiellen; die Verordnungen des Staates wurden verlacht, keine Sitte, keine Moral respektiert, Berlin verwandelte sich in das Babel der Welt. M1: Zweig: Die Welt von Gestern, 2019, 356 f. M2: Unbekannt: Kinder spielen in der Weimarer Republik mit Geld-/ Papiermarkbündeln. Fotografie, 1923 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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