Alles Geschichte! 7, Schulbuch [Teildruck]

33 Ministerpräsident Philipp Scheidemann spricht sich vor der Nationalversammlung für die Ablehnung der Friedensbedingungen aus (12. Mai 1919) Deutschland verzichtet, verzichtet, verzichtet! Dieser schauerliche und mörderische Hexenhammer, mit dem einem großen Volke das Bekenntnis der eigenen Unwürdigkeit, die Zustimmung zur erbarmungslosen Zerstückelung abgepresst werden soll, dies Buch darf nicht zum Gesetzbuch der Zukunft werden. M2: Zehnter (Hg.): Reden und Dokumente des 20. Jahrhunderts, 1969, S. 110. 1920 putschten Mitglieder eines Freikorps (= bewaffneter Freiwilligenverband), nachdem sie aufgrund des Friedensvertrages zur Auflösung ihrer Brigade aufgefordert worden waren, und besetzten das Regierungsviertel in Berlin. Nach wenigen Tagen war der Umsturzversuch beendet, doch einige Putschisten verübten in den folgenden Jahren mehrere politische Morde. Es kam auch zu Arbeiter/innenaufständen, vor allem im Ruhrgebiet, die zu hunderten toten Aufständischen und Reichswehrsoldaten führten. Ruhrbesetzung Im Jahr 1923 besetzten belgische und französische Truppen das Ruhrgebiet, das Zentrum der deutschen Schwerindustrie. Begründet wurde dies mit einem Rückstand bei den Reparationsleistungen. Die deutsche Regierung rief die Bevölkerung zu passivem Widerstand auf, doch trotz Streiks und gewaltsamem Widerstand, z.B. in Form von Sabotageakten, blieb es bei der Besetzung. Die Maßnahmen verursachten für den deutschen Staat hohe Kosten, da Unterstützungen an die Streikenden gezahlt werden mussten. Um diese Kosten und jene aus den Kriegsschäden und den Reparationszahlungen zu decken, wurde massenhaft neues Geld gedruckt, was zu einer Hyperinflation führte. Hyperinflation Die hohe Inflation führte zu einer enormen Entwertung des vorhandenen Geldes und somit zu einem Verlust der Ersparnisse des Staates und der Menschen (s. S. 36). Bald wurde nicht mehr in Münzen und Scheinen, sondern in Geldbündeln gerechnet. Das Geld wurde in Scheibtruhen und Wäschekörben transportiert, um einzukaufen, die Scheine wurden als Tapete, Heizmaterial oder Schmierpapier zweckentfremdet. Auch die Wechsel für die Kriegsanleihen hatten keinen Wert mehr. M4 und M5: Unbekannt: Arbeitslose in Deutschland. Fotografien, um 1930 Fabriksbesitzer/innen profitierten hingegen von den niedrigen Lohnkosten und billigen Exportmöglichkeiten. Schuldner/innen wie der deutsche Staat konnten durch den geringen Wert des Geldes ihre Schulden nun leicht tilgen. Kredite konnten mit entwerteter Währung zurückgezahlt werden. 1923 endete die Geldentwertung durch die Einführung der sogenannten Rentenmark (1 Billion alte Mark = 1 Rentenmark). Im Oktober 1924 wurde schließlich die Reichsmark eingeführt. Gleichzeitig wurde der Staatshaushalt durch Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen stabilisiert. Die Not der Bevölkerung Von 1919 bis 1923 war die Weimarer Republik damit beschäftigt, die Kriegsschäden zu beseitigen, der Hyperinflation entgegenzuwirken und zahlreiche Putschversuche abzuwehren. Sie musste sich sowohl gegen linksradikale wie auch rechtsradikale Gruppierungen behaupten, welche die Wirtschaftskrise für sich nutzten. Armut und Elend, die als ungerecht empfundenen Friedensbedingungen und die fortdauernde Wirtschaftskrise machten viele Menschen für politisch extreme Gruppen empfänglich, die deren Ängste und Not für sich nutzten. Aufstände 1923 In München kam es im November 1923 zum „Hitler-Ludendorff-Putsch“, in Mitteldeutschland waren vor allem radikale kommunistische Gruppierungen aktiv. Die Krise hatte dazu geführt, dass die Menschen der Politik nicht mehr vertrauten, was den Nährboden für totalitäre Ideen bereitete. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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