Alles Geschichte! 7, Schulbuch [Teildruck]

25 Faschismus Ursprünglich war „Faschismus“ die Selbstbezeichnung von Mussolinis Bewegung im Italien der Zwischenkriegszeit. Bereits in den 1920er-Jahren übernahmen Gegner/innen den Begriff auch für andere antisozialistische, antikommunistische, nationalistische, rassistische, antiliberale, antifeministische, antisemitische und autoritäre Systeme. Ein wesentlicher Unterschied, der eine Gleichsetzung von deutschem und italienischem Faschismus unmöglich macht, ist die starke antisemitische Komponente des deutschen Systems, das in der Shoah gipfelte (s. S. 74 ff.). Auch der totalitäre Anspruch des Nationalsozialismus ist ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Regimen. Definition aus „Politiklexikon für junge Leute“ Faschismus war eine Herrschaftsform, die vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in vielen europäischen Ländern verbreitet war. Faschistische Systeme waren Diktaturen, ihre VertreterInnen und Anhängerschaft waren gegen die Demokratie eingestellt. Es gab nur eine politische Partei (andere Parteien waren verboten), massiven Terror und Gewalt gegen Andersdenkende, keine Meinungsfreiheit und keine freie Presse. Viele politische Gegner und Gegnerinnen des Faschismus wurden eingesperrt, gefoltert und ermordet. M1: Online auf: www.politik-lexikon.at/faschismus/ (22.8.2023) Zusammenfassung der Analysen des Historikers Stanley Payne in seiner „Geschichte des Faschismus“ (2001) Zusammenfassend lassen sich folgende Bedingungen für ein erfolgreiches Wachstum einer faschistischen Bewegung ableiten: • kulturelle Orientierungsverluste infolge einer Kulturkrise; • ein schon vor dem Ersten Weltkrieg ausgeprägter, organisierter Nationalismus; • eine politische Situation, die als Niederlage, Statusverlust oder Mangel wahrgenommen wurde; • eine vergleichsweise junge Entwicklung von Formen liberaler Demokratie; • eine Situation zunehmender politischer Zersplitterung; • eine politische Repräsentationskrise; • eine wirtschaftliche Krise, die auf einen inneren oder äußeren Feind als Verursacher geschoben werden kann (vgl. Payne 2001: 603). M2: Häusler/ Fehrenschild: Faschismus in Geschichte und Gegenwart, 2020, S. 66. Online auf: www.rosalux.de (4.2.2023). Historiker Robert Paxton über ein mögliches Fortleben des Faschismus in der Gegenwart [Paxton] definiert Faschismus als „eine Form des politischen Verhaltens“, das durch eine „obsessive Beschäftigung mit Niedergang, Demütigung oder Opferrolle einer Gemeinschaft und durch kompensatorische Kulte der Einheit, Stärke und Reinheit“ bestimmt sei. Dabei gebe eine „massenbasierte Partei von entschlossenen nationalistischen Aktivisten in unbequemer[,] aber effektiver Zusammenarbeit mit traditionellen Eliten demokratische Freiheiten auf“ und verfolge „mittels einer als erlösend verklärten Gewalt und ohne ethische oder gesetzliche Beschränkungen Ziele der inneren Säuberung und äußeren Expansion“. M3: Weiß: Faschisten von heute? „Neue Rechte“ und ideologische Traditionen, 13.10.2017. Online auf: www.bpb.de (4.2.2023). Jetzt bist du dran: 1. Ermittle durch Recherche, wovon sich das Wort „Faschismus“ ableitet. 2. Lies den Online-Artikel: topos.orf.at/mason-faschismus100. Vergleiche die Faschismusdefinitionen von Pelinka, Snyder, Eco und Mason miteinander. 3. Nimm zu Paul Masons Zitat Stellung: „Der Faschismus ist Furcht vor der Freiheit, geweckt durch eine Ahnung von Freiheit.“ Überprüfe, ob diese Definition auch auf faschistische Bewegungen der Vergangenheit angewendet werden kann. 4. Arbeite anhand eines der folgenden Beispiele heraus, ob heutigen Strömungen und Parteien die in M2 und M3 genannten faschistischen Merkmale zugeordnet werden können: z. B. österreichische Identitäre, deutsche AfD, America-First-Bewegung unter Donald Trump, deutsche Reichsbürgerbewegung, französische Rassemblement National oder Schwedendemokraten. 5. Weise nach, dass die von dir gewählten Strömungen dennoch nicht mit dem Faschismus der Zwischenkriegszeit gleichgesetzt werden können. 6. Ermittle durch Recherche, was der deutsche Politologe Eric Voegelin über den religiösen Charakter von totalitären Bewegungen sagt. 7. Diskutiert, wie totalitären Tendenzen in der Gesellschaft vorgebeugt werden kann. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy MjU2NDQ5MQ==