Alles Geschichte! 6, Schulbuch

81 Folgen der Kongo-Konferenz Die Hauptergebnisse der Konferenz waren die Anerkennung der bisher widerrechtlich in Besitz genommenen afrikanischen Gebiete, inklusive des Kongos als Privatbesitz des belgischen Königs, sowie die Festlegung von Regeln für die Beanspruchung von weiteren Gebieten. Militärische Konflikte zwischen den Großmächten um Kolonien nahmen als Folge der Kongo-Konferenz ab. So war der bis zum Beginn des 19. Jh. kaum kolonialisierte afrikanische Kontinent innerhalb weniger Jahrzehnte beinahe komplett im Besitz europäischer Großmächte. Vordergründig sollte das dem Wohlstand und der Zivilisierung der lokalen Bevölkerungen dienen. Doch der grausame Umgang mit den Menschen vor Ort und deren Ausbeutung knüpften in dieser Hochphase des Imperialismus nahtlos an die Kolonialzeit an. Widerstand wurde mit äußerster Gewalt unterdrückt. Ein eindrückliches Mahnmal stellt hier der deutsche Völkermord an den Herero und Nama im heutigen Namibia zwischen 1904 und 1908 dar. Dieser Vernichtungskrieg war eine direkte Reaktion auf Aufstände der einheimischen Bevölkerung. Ausblick Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu einer zweiten Phase von Unabhängigkeitsbewegungen, dieses Mal in Afrika und Asien. Fast alle waren früher oder später erfolgreich. Nur einige kleinere Kolonien, insbesondere Inseln, blieben Teil der ehemaligen Kolonialmacht. Zumeist werden sie als Überseegebiete bezeichnet und genießen eine etwas größere Autonomie als ein gewöhnliches Bundesland. Abgesehen davon sind viele koloniale Strukturen und Denkmuster auch heute noch weit verbreitet und Abhängigkeiten bestehen fort. So gehen beispielsweise viele afrikanische Staatsgrenzen noch heute auf die Kolonialzeit zurück und entsprechen kaum den ethnischen und kulturellen Zugehörigkeiten der Bevölkerung. Europäische Expansion im Brettspiel Im Setting der Frühen Neuzeit […] ist die Europäische Expansion ein beliebtes Thema: Man spielt europäische Mächte beim Aufbau von Kolonien und Handelsrouten in der Karibik oder (seltener) in Asien in einem Mix aus Exotik und Piratenabenteuer. Dieses Setting galt jahrzehntelang als politisch unproblematisch, ist aber in den letzten Jahren in die Diskussion geraten. Ein Grund dafür ist das Ausblenden von Gewalt und Sklaverei von Seiten der Europäer im Kontext der Expansion. In vielen Spielen kommen die fast ausschließlich männlichen Entdecker auf menschenleere Inseln und Kontinente. Indigene Bevölkerungen existieren meist nicht oder sie scheinen nur auf die Neuankömmlinge gewartet zu haben, sodass kein Konfliktpotential bei der Eroberung/Besiedlung entsteht. Häufig scheint es in den Spielen so, dass nicht die versklavte indigene Bevölkerung der Karibik oder schwarze Sklaven auf den Plantagen gearbeitet hätten, sondern ausschließlich Europäer – und das unabhängig von der Konfession mit bester protestantischer Arbeitsethik ohne Murren und Konflikte. Zumindest haben die Diskussionen um die koloniale Vergangenheit und das koloniale Erbe nun auch die Brettspielwelt erreicht und führen zu veränderten Sichtweisen auf die europäische Expansion – und das ist gut so. Denn auch beim Karten-Ausspielen, Würfeln, Spielfiguren-Ziehen und Gold-in-Form-von-Holzklötzchen-Horten eignen wir uns Geschichtsbilder an. Besonders, wenn die Spiele von der Mechanik her einfach gut sind und Spaß machen. M3: Knäble: Leere Inseln – Europäische Expansion im Brettspiel, 2021. Online auf: bghistorian.hypotheses.org (10.8.2022). Jetzt bist du dran: 1. Interpretiere mit Hilfe des Autorentextes die Karikatur zur Kongo-Konferenz (M1). 2. Ermittle drei Überseegebiete, in denen der Euro die reguläre Währung ist. 3. Formuliere drei Kriterien, die bei der Entwicklung eines Spiels im Zusammenhang mit Kolonialismus berücksichtigt werden sollen. Ziehe dazu M3 heran. Libyen Ägypten Sudan Abessinien ItalienischSomaliland Brit. Ostafrika Port. Ostafrika Port. Westafrika BelgischKongo DeutschOstafrika Südafrika Madagaskar DeutschSüdwestafrika Rhodesien Liberia Nigeria Kamerun Französisch-Westafrika Franz.- Äquatorialafrika Großbritannien Deutschland Portugal Belgien Spanien Italien Frankreich M2: Das beinahe vollständig kolonialisierte Afrika im Jahr 1914. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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