Alles Geschichte! 6, Schulbuch

75 Das Leben versklavter Menschen in Nordamerika Neben der indigenen Bevölkerung stellten Sklavinnen und Sklaven die zweite große im Zuge der Kolonialisierung Amerikas grausam unterdrückte und entrechtete Gesellschaftsgruppe dar. Die aus Afrika verschleppten Menschen wurden vor allem zur Arbeit auf Plantagen, in Bergwerken und im Haushalt gezwungen. Die Arbeitsbedingungen, etwa hinsichtlich Arbeitszeiten, Pausen oder Schutzmaßnahmen, waren derart desaströs, dass Krankheiten und Verletzungen an der Tagesordnung waren. Ebenso schutzlos waren die versklavten Menschen den Übergriffen und der Gewalt ihrer „Besitzer/innen“ ausgeliefert. Versklavte Menschen lebten zumeist in armseligen Verhältnissen in überfüllten Hütten, bekamen oft nicht genug zu essen und hatten nur in seltenen Fällen Zugang zu sauberem Wasser oder medizinischer Versorgung und Bildung. Bewusst wurden vielerorts soziale Strukturen zerstört oder verhindert, sodass es versklavten Menschen kaum möglich war, sich zu organisieren und zusammenzuschließen. Dies ging sogar so weit, dass Ehepaare gezielt voneinander getrennt und Kinder ihren Eltern entrissen wurden. Bericht einer ehemaligen Sklavin über ihren Verkauf und die Trennung von der Familie als zwölfjähriges Mädchen (1800) My heart throbbed [pochte] with grief [Kummer] and terror so violently, that I pressed my hands quite tightly across my breast, but I could not keep it still, and it continued to leap [springen] as though it would burst out of my body. But who cared for that? […] They were not all bad, I dare say, but slavery hardens white people’s hearts towards the blacks; and many of them were not slow to make their remarks upon us aloud, without regard to our grief – though their light words fell like cayenne [scharfer Pfeffer] on the fresh wounds of our hearts. Oh those white people have small hearts who can only feel for themselves. […] I was soon surrounded by strange men, who examined and handled me in the same manner that a butcher [Fleischer] would a calf [Kalb] or a lamb he was about to purchase [erwerben], and who talked about my shape and size in like words – as if I could no more understand their meaning than the dumb beasts [die dummen Tiere]. […] I did not know where I was going, or what my new master [Besitzer] would do with me. My heart was quite broken with grief, and my thoughts went back continually to those from whom I had been so suddenly parted. M2: Prince: The History of Mary Prince, a West Indian Slave. Related by Herself, 2017 (1831), S. 15 –17. Sklavenaufstände und ihre Folgen Sklavenaufstände waren selten, da die Entrechteten bereits bei kleinsten Vergehen mit brutalen Strafen zu rechnen hatten und sie kaum ein wirksames gemeinsames Vorgehen gegen ihre Unterdrückung planen konnten. Zwar stellten Aufstände ein wichtiges Zeichen des Widerstandes gegen die Unterdrückenden dar, doch wurden die allermeisten bereits nach kurzer Zeit niedergeschlagen und endeten mit einer Vielzahl gefolterter und getöteter Sklavinnen und Sklaven. Eine Ausnahme war der durch die Französische Revolution inspirierte Aufstand 1791 in Haiti. Dieser mündete in den Folgejahren in der Abschaffung der Sklaverei und der Unabhängigkeit der ehemaligen Kolonie. Abschaffung der Sklaverei und heutiges Erbe Die Sklaverei war nicht nur ein dunkles Kapitel der amerikanischen Geschichte, weltweit wurden Millionen von Menschen ihrer Freiheit und Würde beraubt. Ab dem 18. Jh. entwickelte sich eine globale Bewegung, die für die Abschaffung der Sklaverei eintrat. Eine wichtige Rolle in deren Kampf spielten Menschen wie Mary Prince (M2), die aus der Sklaverei entkamen und mit ihren Schilderungen einer breiten Masse verständlich machten, unter welchen grauenvollen Bedingungen versklavte Menschen leben mussten. In den Vereinigten Staaten wurde die Sklaverei nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg 1865 offiziell abgeschafft. Doch die Sklaverei führte zu einer tiefen und langanhaltenden Spaltung der Gesellschaft, deren Folgen für die Afroamerikaner/innen in Form von Diskriminierung, Armut und Bildungsungleichheit bis heute spürbar sind. Jetzt bist du dran: 1. Beschreibe die Überreste des Lehmziegelhauses (M1) und vergleiche Vor- und Nachteile dieser Behausung mit jenen eines Tipis. 2. Bewerte die Entscheidung, Indigenen Reservate zuzuweisen. 3. Rekonstruiere anhand der Informationen im Autorentext und in der Quelle (M2) die Einstellung der meisten Weißen des 19. Jh. gegenüber versklavten Menschen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=