71 Kämpfe um die Karibik Bereits zu Beginn des 17. Jh. gelang es England und Frankreich, einige Inseln in der Karibik zu besetzen. Aufgrund der geringen Goldvorkommen verteidigten die Spanier diese Kolonien mit wenig Einsatz. Für die aufstrebenden Kolonialmächte dienten diese Inseln aber als wichtige strategische Stützpunkte. Zudem betrieben sie dort ausgedehnten Zuckerrohranbau. So wurden allein auf die karibischen Inseln 2,3 Millionen afrikanische Sklavinnen und Sklaven verschleppt, viel mehr als auf das nordamerikanische Festland. Private Handelsunternehmen Im Unterschied zu den staatlich organisierten und finanzierten Unternehmungen der Portugiesen und Spanier entwickelten die neuen Kolonialmächte zu Beginn des 17. Jh. eine neue Art der Ausbeutung. Großbritannien, die Niederlande und später auch Frankreich betätigten sich kaum direkt in den kolonisierten Gebieten, sondern erteilten Handelskompanien weitreichende Privilegien. Diese bekamen für eine bestimmte Zeit das Monopol für ein gewisses Gebiet bzw. für einen gewissen Rohstoff. Beispielsweise war es der in den Niederlanden ansässigen Vereinigten Ostindischen Kompanie vorbehalten, Muskat und Nelken von den Molukken (einer heute zu Indonesien zählenden Inselgruppe mit reichen Gewürzvorkommen) auszuführen und zu verkaufen. Die Handelskompanien verhielten sich gegenüber der lokalen Bevölkerung meist genauso brutal wie etwa die spanischen Eroberer und setzten ihre Interessen in der Regel mit schonungsloser Gewalt gegen die sich wehrende lokale Bevölkerung durch. Aber im Unterschied zu Spanien und Portugal waren die Unternehmungen der neuen Kolonialmächte in dieser Phase vor allem wirtschaftlicher Natur und hatten die Kapitalvermehrung als höchstes Ziel. Ihre teuren Expeditionen finanzierten die Handelsunternehmen, indem sie Aktien ausgaben. So entstand in Amsterdam die weltweit erste Aktienbörse. Die Aktionäre und Aktionärinnen (die Käufer/innen der Aktien) erhofften sich, am Reichtum der Unternehmen teilhaben zu können. Folgen für das Mächtegleichgewicht Bis in die Neuzeit war Europa global gesehen keine besonders bedeutsame Region. Vor allem abseits des Mittelmeerraums waren europäische Zivilisationen im Vergleich zu anderen Weltregionen beinahe in allen Belangen (Wirtschaft, Technik, Wissenschaft, Macht) rückständig. Dies veränderte sich mit dem europäischen Expansionsstreben und seinen Folgen nachhaltig. Auch das Mächteverhältnis innerhalb Europas verschob sich durch die europäische Expansion: Zunächst schwand der Einfluss der das Spätmittelalter prägenden italienischen Städte und der deutschen Hanse zugunsten der ersten Kolonialmächte Portugal und Spanien, die zum Ende des 16. Jh. ihren Höhepunkt erlebten. Es folgte die Blütezeit der Niederlande, die zeitweise ca. 75 % des Welthandels abwickelten. Schließlich konnten sich Frankreich und Großbritannien als die weltweit führenden Kolonial- und Handelsmächte etablieren. Folgen der europäischen Expansion Die transatlantischen Kontakte […] haben den Atlantik inzwischen zu einem der wichtigsten Verkehrsräume der Welt gemacht. […] Die wirtschaftliche, kulturelle und politische Verflechtung der Länder beiderseits des Atlantik ist eng, besonders diejenige zwischen den USA und Westeuropa. […] Auf der anderen Seite lassen 500 Jahre atlantischer Austausch aber auch erkennen, wie differenziert und spannungsreich dieser Prozess verlaufen ist […]. Atlantischer Austausch bedeutet zwar wachsende Intensivierung von Kontakten über große Entfernungen hinweg, aber deswegen keineswegs generelle Homogenisierung und Nivellierung der Beteiligten [d.h. diese wurden einander nicht zwangsweise ähnlicher und glichen sich an, Anm.]; oft genug war und ist sogar das Gegenteil richtig. M3: Reinhard: Europa und die atlantische Welt, 2014, S. 766–767. Jetzt bist du dran: 1. Ermittle mit Hilfe des Atlas für jede in M1 dargestellte Kolonialmacht drei heutige Staaten, auf denen sich diese ausgedehnt hatte. 2. Arbeite den Unterschied zwischen Freibeutern und Piraten heraus. 3. Rekonstruiere anhand des Porträts von Sir Francis Drake (M2) die gesellschaftliche Stellung erfolgreicher Freibeuter. 4. Vergleiche die Ziele der Kolonialmächte Spanien und Niederlande. 5. Beschreibe die beiden Seiten des atlantischen Austausches, die in M3 angesprochen werden, in eigenen Worten. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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