Alles Geschichte! 6, Schulbuch

65 Das Inkareich erstreckte sich über 950 000 km² und war damit größer als das heutige Deutschland und Frankreich zusammen. Die einzelnen Teile verband ein ausgeklügeltes Straßennetz. Die zur Hochzeit rund 11,5 Millionen Einwohner/innen des Reiches wurden von einem uneingeschränkt herrschenden König regiert, der zugleich als Gottheit verehrt wurde. Die Inka glaubten an mehrere Götter, wobei der Sonnengott der wichtigste unter ihnen war. Als kulturelle wie politische Hauptstadt fungierte Cusco, das bis zu 200 000 Menschen beheimatete. Die landwirtschaftliche Nutzung des bergigen Landes war aufwändig. So legten die Inka Terrassen an, um auch an Hängen Mais und Kartoffeln anbauen zu können. Heute sind vor allem die Ruinen von Machu Picchu, einer alten Inkastadt, eine beliebte Sehenswürdigkeit in Peru. Die Aufteilung der Welt – und die Rolle der Kirche Bereits ein Jahr nach Kolumbus’ erster Expedition teilten sich Portugal und Spanien unter Vermittlung des Papstes die Welt auf. Diese Teilung wurde 1494 im Vertrag von Tordesillas festgelegt. Dabei wurde eine Trennlinie ca. entlang des 46. westlichen Längengrads gezogen. Alle Gebiete östlich davon standen Portugal und alle westlichen Gebiete Spanien zu. 1529 wurde die portugiesische Machtsphäre mit dem Vertrag von Zaragoza im Osten durch den 142. östlichen Längengrad begrenzt. Damit hatte Spanien Anspruch auf den amerikanischen Doppelkontinent mit Ausnahme des heutigen Brasiliens. Portugals Einflussbereich umfasste Afrika und Ostasien ohne das heutige Papua-Neuguinea und das östliche Australien. Portugal und Spanien hatten damit vom Papst den Auftrag erhalten, andere Völker zu unterwerfen. Daran war die Bedingung geknüpft, die lokalen Bevölkerungen zum christlichen Glauben zu bekehren und so den kirchlichen Machtbereich auszudehnen. Damit legitimierte die katholische Kirche die folgenden gewaltsamen Eroberungen. Wohingegen sich christliche Missionare vor Ort zum Teil auch für die unterdrückte Bevölkerung einsetzten (s. S. 68). Eurozentrismus bedeutet Wahrnehmung und Beurteilung ausgehend von einer rein europäischen Sichtweise. Ein Beispiel ist das Bemessen anderer Kulturen an europäischen Maßstäben, was zu rassistischen Aussagen führen kann. Auch die Bezeichnung „Entdeckung Amerikas“ ist eurozentristisch, da dort bereits über Jahrtausende Menschen beheimatet waren. Der Begriff „Entdeckung“ trifft also nur aus europäischer Perspektive zu. Insofern beschreibt Eurozentrismus ein oft unbewusstes, aber wirkmächtiges Denkmuster, dem man sich gar nicht leicht entziehen kann. Spanische Eroberungen und portugiesische Handelsposten Nicht nur bezüglich ihrer Seeroute, auch in ihrer Herangehensweise vor Ort unterschieden sich Spanier und Portugiesen. Während Portugal hauptsächlich Handel trieb und zwischen Sri Lanka und Japan ein dichtes Netz an küstennahen, kleinen Stützpunkten aufbaute, eroberten die Spanier weite Teile Süd- und Mittelamerikas sowie des südlichen Nordamerikas und siedelten sich in diesen Gebieten großflächig an. Ein Grund für die unterschiedliche Vorgehensweise lag darin, dass die lokalen Bevölkerungen in Asien zumeist militärisch besser ausgestattet waren als jene in Amerika. Folgen für die indigene Bevölkerung Der spanische Vormarsch war gekennzeichnet von der brutalen Ausbeutung der indigenen Menschen und der lokalen Rohstoffe, allen voran Gold. Begleitet wurde er von der gewaltsamen Christianisierung der Bevölkerung. Für die 70 Millionen amerikanischen Ureinwohner/innen hatte die europäische Expansion in Lateinamerika verheerende Folgen: Sie wurden vertrieben, ausgebeutet, im Kampf getötet, versklavt oder von eingeschleppten Krankheiten dahingerafft. In der Folge starben einige Völker wie die Azteken aus, insgesamt ging die indigene Bevölkerung Lateinamerikas um 80 bis 90 % zurück. Manche Historiker/ innen stufen die spanische Eroberung Amerikas daher als Völkermord ein. Bereits ab Beginn des 16. Jh. ersetzten die Spanier die aussterbenden Einheimischen auf den Plantagen und in den Minen durch verschleppte afrikanische Sklaven und Sklavinnen, deren Immunsystem den europäischen Krankheiten eher gewachsen war. Jetzt bist du dran: 1a. Beschreibe die historische Darstellung aus dem 16. Jahrhundert (M1). 1b. Ermittle die in der Darstellung gezeigten Motive der Europäer für ihre Eroberungen. 2. Vergleiche die portugiesische und die spanische Vorgehensweise bei der Aneignung der ihnen zuerkannten Gebiete und arbeite die Hauptunterschiede heraus. 3. Statt des Begriffs „Entdeckung Amerikas“ wird von manchen Seiten die Bezeichnung „Begegnung zweier Welten“ propagiert. Erörtere diese Formulierung. 4. Erkläre, warum der Begriff „Indianer“ ein Beispiel für Eurozentrismus ist. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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