Alles Geschichte! 6, Schulbuch

64 5.2 Der Beginn der europäischen Expansion – „Entdeckungsfahrten“ und Eroberungen Voraussetzungen für die europäische Expansion Seit der Antike trieben Europa und Asien Handel. Im 13. und 14. Jh. kam es in Europa zu einer großen Nachfrage nach Produkten aus Ostasien. Aus verschiedenen Gründen waren diese Güter aber sehr teuer (s. S. 62). Gleichzeitig entwickelte sich im Spätmittelalter die Navigationsfähigkeit der europäischen Seefahrer durch wissenschaftliche Erkenntnisse und technische Instrumente (z. B. Kompass) stetig weiter. Fortschritte im Schiffsbau ermöglichten den Bau der hochseetauglichen Karavelle. Wer findet den kürzesten Weg nach Ostasien? Unter Prinz Heinrich dem Seefahrer startete Portugal in der ersten Hälfte des 15. Jh. erste Versuche, Ostasien selbst anzusteuern und damit alle Zwischenhändler auszuschalten. Dazu wollte man Afrika umsegeln und einen Weg nach Ostasien finden. Mit jeder Expedition entlang der afrikanischen Westküste gelangten die Portugiesen Stück für Stück etwas weiter in Richtung Süden. Sie besiedelten die Azoren und Madeira, errichteten zahlreiche Stützpunkte und erwarben von afrikanischen Herrschenden Sklaven und Sklavinnen sowie Gold. Es ging also nicht allein um die Suche nach einem Seeweg nach Ostasien. Gerade für Heinrich den Seefahrer stand zunächst die Suche nach Gold, Sklaven und neuen Anbaugebieten im Vordergrund. 1488 erreichte Bartolomeu Diaz schließlich die Südspitze Afrikas. Die Expeditionen von Kolumbus und anderen Seefahrern Schon im Mittelalter wussten gebildete Europäer/innen, dass die Erde eine Kugel ist. Allerdings schätzte man ihre Größe als wesentlich kleiner ein. Auch den amerikanischen Doppelkontinent kannte man noch nicht. Auf Basis dieser fehlerhaften Annahmen schlug der italienische Seefahrer Christopher Kolumbus der spanischen Krone vor, einen Seeweg nach Indien über das offene Meer Richtung Westen zu finden und war damit 1492 erfolgreich. Der Name „Indien“ bezeichnete damals die gesamte ostasiatische Region. Kolumbus erfuhr Zeit seines Lebens nicht, dass er das eigentliche Ziel, Ostasien, verfehlt hatte. Davon zeugen heute noch gängige Bezeichnungen, wie das von Indien abgeleitete Wort „Indianer/innen“ für die amerikanischen Ureinwohner/innen oder der Name „Westindische Inseln“ für eine Inselgruppe in der Karibik, zu der unter anderem Jamaica, Kuba und die Bahamas gehören. Diesen Irrtum klärte einige Jahre später Amerigo Vespucci auf. Durch ein intensives Studium der Pflanzen- und Tierwelt begriff er, dass es sich bei den von Europäern erstmals bereisten Gebieten nicht um Asien, sondern um einen eigenen Kontinent handeln musste. Ihm zu Ehren wurde dieser „America“ genannt. 1498, sechs Jahre nach Kolumbus’ Landung in Amerika, gelang es Vasco da Gama, die portugiesische Unternehmung zum Ziel zu führen und in Indien anzulegen. Die Crew des Portugiesen Ferdinand Magellan segelte schließlich 1522 als erste einmal vollständig um die Welt. Diese Ereignisse standen am Beginn zweier fundamentaler Entwicklungen in der Weltgeschichte: der europäischen Kolonialisierung eines Großteils der Erde und der Globalisierung, also dem Zusammenwachsen der Welt. Amerika vor den Europäern Die amerikanischen Ureinwohner/innen kamen ursprünglich aus Asien. Sie siedelten sich nach der letzten Eiszeit vor ungefähr 15 000 Jahren in mehreren Wellen in Amerika an und verteilten sich auf dem riesigen Kontinent. Im Laufe Zeit entwickelten sie völlig unterschiedliche Lebensweisen und Kulturen. Das reichte um das Jahr 1500 von einfachen Jäger-und-Sammler-Gesellschaften bis hin zu hoch entwickelten Reichen. Große Bedeutung hatten die Reiche der Azteken, der Maya (s. Alles Geschichte! Band 5) und im Besonderen der Inka erlangt. M1: Theodor de Bry: „Erste Landung des Kolumbus“. Kolorierter Kupferstich, 1594 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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