Alles Geschichte! 6, Schulbuch

57 4.4 Reformabsolutismus – Monarchien im 18. Jahrhundert Innenpolitisch zeigte Friedrich II. einen starken Reformwillen im Sinne der Aufklärung. Seine wohl bedeutendste Errungenschaft war die Schaffung eines Rechtsstaates, in dem die Gerichte das Vertrauen der Bevölkerung besaßen. Er ließ das öffentliche und das private Recht kodifizieren (d.h. in einem Gesetzeswerk zusammenfassen), schuf Prozess- und Gefängnisordnungen und schaffte die Folter ab. Die Bevölkerung genoss Religions- sowie Meinungsfreiheit. Neben der Wirtschaft förderte er vor allem die Wissenschaft, wodurch sich Berlin zu einem Zentrum der aufgeklärten Forschung entwickelte. In seinem Herrschaftssitz, im Schloss Sanssouci in Potsdam, umgab er sich mit französischen Gelehrten und Vertretern der Aufklärung. Das Herrschaftsverständnis Friedrichs II. Durch seine Vorliebe für Kultur, Künste und die französische Sprache, seine Abhandlungen über Geschichte und Politik und seine Nähe zu Vertretern der Aufklärung galt Friedrich II. als „Philosoph auf dem Thron“. Er bezeichnete sich selbst als „erster Diener des Staates“, womit er seine Funktion über die gottgewollte Berufung stellte. Er regierte aber allein und autokratisch, jegliche Form von Mitsprache lehnte er ab. M1: Adolph Menzel: Flötenkonzert Friedrichs des Großen in Sanssouci. Gemälde, 1850–1852. Neben Philosophen und Vertretern der Aufklärung gleichrangig am Tisch sitzend und sich gewandt unterhaltend, ließ sich Friedrich II. auch als Liebhaber der Künste und Musik abbilden. Die Ideen der Aufklärung (s. S. 96) verbreiteten sich in Europa und erfassten auch die einflussreichen Gesellschaftsgruppen. Im 18. Jh. setzte sich in weiten Teilen Europas jene Form der Herrschaft durch, die oftmals als „aufgeklärter Absolutismus“ bezeichnet wird. Große Staaten, in denen die Ideen der Aufklärung die Monarchinnen und Monarchen maßgeblich beeinflussten, waren Preußen, Russland und Österreich. Reformabsolutismus In der modernen Geschichtsforschung wird der Begriff „aufgeklärter Absolutismus“ immer stärker hinterfragt, da es sich um gegensätzliche Begriffe handelt: Die Ziele der Aufklärung im Sinne eines vernunftbegründeten selbstständigen Denkens und Handelns sind kaum mit den Ansprüchen des Absolutismus vereinbar. Deutlich zeigt sich aber, dass die Herrscherinnen und Herrscher des 18. Jh. neue Erkenntnisse und Fortschritte in den verschiedensten Bereichen in ihrem Sinne und zu ihrem Zweck einsetzten. Viele Reformen wie beispielsweise die Zentralisierung der Herrschaft zielten auf die Festigung der eigenen Herrschaft ab. Preußen: Durch Reformen zur Großmacht Im frühen 17. Jh. konnte die Dynastie der Hohenzollern, Kurfürsten von Brandenburg-Preußen, ihr Herrschaftsgebiet im Norden des heutigen Deutschlands und Polens ausdehnen. Im Vordergrund stand der Wiederaufbau nach den Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges. Die Verwaltung wurde zentralisiert und erfolgte durch geschulte Beamte. Die Armee wurde modernisiert und vergrößert. Große Investitionen in die Wirtschaft wurden getätigt, was die Handelsbilanz begünstigte. Auf die Aufhebung des Ediktes von Nantes (s. S. 26) reagierte Preußen mit Zugeständnissen an die aus Frankreich flüchtenden Hugenotten und förderte so die vermehrte Ansiedlung im eigenen Herrschaftsbereich. Die Hugenotten brachten Wissen und unterstützten den Wiederaufbau und die industrielle Modernisierung des Landes. 1732 wurden 20.000 Protestantinnen und Protestanten aus Salzburg aufgenommen, die dort zur Ausreise gezwungen wurden. Friedrich II. – Kriege und Reformen Friedrich II., der den Beinamen „der Große“ trägt, führte in zahlreichen Kriegen die Expansion seiner Vorfahren fort. Zwischen 1740 und 1763 eroberte er Schlesien in den Schlesischen Kriegen gegen Österreich. Mit Österreich und Russland verständigte er sich 1775 auf die Aufteilung Polens. Preußen wurde dadurch endgültig zur europäischen Großmacht. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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