Alles Geschichte! 6, Schulbuch

54 4.3 Der absolutistische Staat – Konzept und Praxis Als Antwort auf die gesellschaftlichen Unruhen und religiösen Konflikte im 16. und vor allem 17. Jh. entstand in Europa die Idee einer starken staatlichen Ordnungsmacht. Der Staat als zentrale Gewalt sollte über Einzelinteressen und religiösen Einstellungen stehen. Die Theorie eines absolutistischen Staates Der Begriff „Absolutismus“ bezeichnet die Idee einer Herrschaftsform, die auf Theorien von Philosophen und Gelehrten aus dem 16. und 17. Jh. gründet. Die Monarchin oder der Monarch regiert dabei unabhängig von Gesetzen (wörtlich: lat. legibus absolutus = von den Gesetzen losgelöst) und teilt die Macht mit niemandem, weder mit Klerus und Adel noch mit einem Parlament. Die Bevölkerung ordnet sich nach dieser Vorstellung freiwillig dem Staat in Person eines Herrschers unter. Nach Thomas Hobbes, Philosoph des 17. Jh. und maßgeblicher Theoretiker des Absolutismus, übergibt der einzelne Mensch auf Basis eines „Gesellschaftsvertrages“ seine Macht (das Selbstbestimmungs- und Verteidigungsrecht) freiwillig an den Souverän (Staat bzw. Herrscher). Im Gegenzug garantiert dieser Schutz und Frieden. M1: Unbekannt: Titelblatt des „Leviathan“ von Thomas Hobbes (Ausschnitt). Kupferstich, 1651 In diesem Werk ist Hobbes’ Idee des Gesellschaftsvertrages formuliert, das Titelblatt bildet seine Staatstheorie ab. Jean Bodin beschreibt den absoluten Monarchen (1583) Wie aber ist nun derjenige zu beurteilen, der vom Volk die absolute Gewalt bis an sein Lebensende übertragen erhalten hat? […] Ist ihm die absolute Gewalt […] übertragen, so besteht kein Zweifeln, dass er dann souveräner [unumschränkter, alleiniger] Monarch ist und sich als solcher bezeichnen darf. Denn dann hat sich das Volk seiner souveränen Gewalt [ergeben], seine ganze Macht, Autorität, Vorrangstellung und sämtliche Hoheitsrechte [= alle Rechte des Staates] sind auf ihn und [sozusagen] in ihn hinein übertragen, also ganz, wie wenn jemand sein gesamtes Eigentum mitsamt dem Besitz verschenken würde. M2: Bodin: Sechs Bücher über den Staat, 1981, 1. Buch, 8. Kap., S. 209; 10. Kap., S. 292 (alte Rechtschreibung). „Absolutismus“ als Erfolgskonzept Während sich in England und den Vereinigten Niederlanden keine dauerhafte absolutistische Herrschaft herausbildete, etablierte sich in Frankreich sowie in zahlreichen deutschen Staaten, in der Habsburgermonarchie, in Spanien, Portugal, Russland und Schweden diese Form der Herrschaft. Reformen in den Bereichen Wirtschaft (Merkantilismus, s. S. 49), Militär (Berufsheer) und Verwaltung (vom Staat bezahltes, zentral organisiertes Beamtentum) bewirkten, dass dort moderne Staaten entstanden. Häufig war damit aber auch eine expansive Außenpolitik verknüpft. Auswirkungen des Absolutismus auf die Gesellschaft Der absolutistische Herrscher regelte das Leben der Untertanen in weiten Bereichen, wie Justiz, Wirtschaft, Schulen, Universitäten, in den Dörfern und den Städten. Widerspruch wurde unterdrückt, auch gewaltsam durch Polizei und Militär. Die Macht des Adels und des Klerus waren zwar eingeschränkt, viele ihrer Privilegien durften sie jedoch behalten. So mussten sie z. B. keine Steuern zahlen. Die gesamte Steuerlast trug noch immer der dritte Stand – die Bürger/ innen und die Bauernschaft. In Frankreich, das über Jahrzehnte gegen andere europäische Mächte Krieg führte, wurden die hohen Ausgaben für das Militär durch immer neue Steuerkategorien finanziert. In einigen Fällen führte das zu Protesten seitens der Bevölkerung. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=