Alles Geschichte! 6, Schulbuch

52 4.2 England – eine parlamentarische Monarchie Die Anfänge des noch heute gültigen politischen Systems der parlamentarischen Monarchie in Großbritannien liegen in der Unterzeichnung der Magna Charta im Jahr 1215. König Johann I. war aufgrund militärischer Misserfolge in Frankreich geschwächt und musste dem Adel Rechte zugestehen. Diese Urkunde wurde in weiterer Folge adaptiert und gilt heute als symbolische Grundlage für das britische Rechtssystem und das Parlament. Der Historiker Hans-Christoph Schröder zur Intention des Monarchen Der in der Magna Charta enthaltene Grundsatz, dass keine Steuer ohne gemeinsame Beratung des Königreiches erhoben werden dürfe, hat überdies zur Herausbildung des englischen Parlaments entscheidend beigetragen. Hier ergab sich ein weiteres Eigeninteresse des Monarchen an einer repräsentativen Institution, das zu seinen anderen Interessen an einer solchen Versammlung hinzutrat. Denn die Entstehung des Parlaments um die Mitte des 13. Jahrhunderts ist zunächst und vor allem anderen auf die Bedürfnisse des Königs zurückzuführen. Ihm musste daran gelegen sein, dass Männer aus den verschiedenen Landesteilen ihn einerseits mit Informationen versorgten und ihm ihre Beschwerden vortrugen, andererseits die Wünsche und Anordnungen des Monarchen bei sich zu Hause bekannt machten und seine Politik erklärten. M1: Schröder: Englische Geschichte, 2016, S. 13. House of Lords und House of Commons Die Entwicklung der politischen Partizipation des Parlaments in England dauerte fast 500 Jahre. Die Versammlung der Vertreter des Adels und der Kirche (Lords) wurde im Jahr 1236 erstmals als Parlament bezeichnet. Das Wort leitet sich von englisch „parley“ für Verhandlung ab. Während einer Rebellion von Adeligen gegen den König beriefen diese 1265 erstmals ein Parlament mit Vertretern der Grafschaften und Städte ein. Das sich daraus entwickelnde Unterhaus (House of Commons) bildet zusammen mit dem Oberhaus (House of Lords) noch heute die Kammern des englischen Parlaments. Die beiden Häuser traten ab 1341 getrennt voneinander zusammen, allerdings nur unregelmäßig. 1414 wurde die Autorität des Parlaments deutlich gestärkt, indem neue Gesetze die Zustimmung beider Häuser benötigten. Entwicklung unter der Tudor-Herrschaft im 16. Jh. Unter der Dynastie der Tudors begann das Parlament seinen heutigen Aufbau anzunehmen. 1523 forderte der Vorsitzende der Commons, Sir Thomas More, erstmals die uneingeschränkte Redefreiheit im Parlament ein. Das Ansuchen wurde abgelehnt. 1576 wurde ein Abgeordneter aufgrund der neuerlichen Forderung in den Tower von London gesperrt, der damals als Gefängnis diente. Das Parlament gewann zwischen 1529 und 1536 an Bedeutung, da Heinrich VIII. wegen der Trennung der englischen Kirche von Rom ein Reformationsparlament einberief. Mit der Anwesenheit des Königs im Parlament (king-in-parliament) entstand die sogenannte parlamentarische Trinität (Krone/Oberhaus/Unterhaus), die die gesetzgebende Gewalt bildete. Nach der Abspaltung der Anglikanischen Kirche von Rom wurden den Klöstern und dem katholischen Klerus die Sitze im House of Lords entzogen. Ab 1547 versammelte sich das House of Commons in der Kapelle von St. Stephen im Westminster-Palast. Ihr Grundriss bestimmt auch heute die Anordnung der Sitze im englischen Parlament. M2: Peter Tillemans: The House of Commons in Session. Gemälde, 1709–1714 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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