Alles Geschichte! 6, Schulbuch

43 Der Friedensschluss und seine politischen Folgen Bezüglich der Konfessionsfrage bestätigte der Westfälische Friede die Regelungen des Augsburger Religionsfriedens von 1555. Auf politischer Ebene wurde die Position des Kaisers zugunsten der einzelnen Fürsten geschwächt. Das Reich musste außerdem Gebiete an Frankreich und Schweden abtreten und die Schweizer Eidgenossenschaft und die Vereinigten Niederlande wurden als eigenständige Staaten aus dem Reichsverband gelöst. Bevölkerungsverlust und wirtschaftliche Not Die Folgen des Krieges waren verheerend: 25 bis 40 % der Menschen im Heiligen Römischen Reich starben durch Kriegshandlungen, Hungersnöte und Seuchen. In den Hauptkriegsgebieten litten die Menschen unter wirtschaftlicher Not, da die Soldaten Städte und Gehöfte plünderten, Ernten vernichteten und Felder verwüsteten, und Handel und Gewerbe zum Erliegen kamen. Erst in der ersten Hälfte des 18. Jh. erreichte die Bevölkerungszahl wieder Vorkriegsniveau. „Der Krieg ernährt den Krieg“ Kennzeichnend für den Dreißigjährigen Krieg waren riesige Söldnerheere von bis zu 40 000 Soldaten, die von Trossen begleitet wurden. Der Tross war für die Versorgung der Soldaten zuständig. Zu ihm gehörten z. B. Fleischer, Bäcker, Handwerker sowie Familienmitglieder und fahrende Händler/innen. Die Soldaten versorgten sich aber auch durch Plünderungen, wenn ihr Lohn nicht ausbezahlt wurde. Oft stellten private Kriegsunternehmer Heere auf und kamen als Feldherren zu Reichtum. Einflussnahmen und machtpolitische Interessen verschiedener „Mitspieler“, aber auch die Frage, wie die zahlreichen Soldaten nach dem Friedensschluss versorgt und in die Gesellschaft eingegliedert werden könnten, verlängerten den Krieg. Ähnliche Entwicklungen gibt es auch in gegenwärtigen Konflikten. Der Historiker Hans-Joachim Müller über „Kriege, die schwer ein Ende finden“ Diese Kriege in zerfallenden Staaten wie z. B. in Afghanistan und Somalia zeigen ähnliche Grundstrukturen. Die ursprünglichen Zielsetzungen und ideologischen Begründungen des Krieges treten immer weiter in den Hintergrund. Einzelne Feldherren bereichern sich schonungslos an den Ressourcen zum Leidwesen einer Bevölkerung, die den Krieg zu ertragen hat. Diese „neuen Kriege“ finden auch heute schwer ein Ende, weil sie von außen immer noch mit Mitteln befeuert werden und die materiellen Möglichkeiten zum Übergang in einen friedlichen Staat nicht gegeben sind. M2: Müller: Der Dreißigjährige Krieg, 2015, S. 40. Kriegsverbrechen in Magdeburg 1631 wurde Magdeburg von kaiserlichen Söldnern erobert und während der tagelang dauernden Plünderungen fast vollständig niedergebrannt. Die Nachricht über dieses Ereignis schockierte ganz Europa. Stadtrat Otto von Guericke über den Fall Magdeburgs Da ist nichts als Morden, Brennen, Plündern, Peinigen, Prügeln gewesen. Insonderheit hat ein Jeder von den Feinden nach vieler und großer Beute gefraget. Wenn dann eine solche Partei in ein Haus gekommen und der Herr etwas zu geben vermocht gehabt, hat er sich und die Seinigen solange salvieren und erhalten können, bis eine andere, die auch was haben wollen, wieder angekommen. Endlich aber, wenn es alles hingegeben und nichts mehr vorhanden gewesen, alsdann ist die Not erst angegangen. […] Unter welcher währenden Wüterei dann, und da diese so herrliche, große Stadt, die gleichsam eine Fürstin im ganzen Lande war, in voller brennender Glut und solchen großen Jammern und unaussprechlicher Not und Herzeleid gestanden, sind mit gräulichem ängstlichen Mord- und Zetergeschrei viel tausend unschuldige Menschen, Weiber und Kinder täglich ermordet und auf vielerhand Weise erbärmlich hingerichtet worden, also daß es mit Worten nicht genugsam kann beschrieben und mit Tränen beweint werden. M3: Von Guericke: Die Belagerung, Eroberung und Zerstörung der Stadt Magdeburg, 1912, S. 74–75. Jetzt bist du dran: 1. Arbeite heraus, wie religiöse Motive in diesem Krieg von (macht-)politischen Motiven überlagert wurden. 2. Analysiere und beschreibe den Ausschnitt des protestantischen Flugblattes (M1). Interpretiere, wie Gustav II. Adolf und die katholischen Würdenträger dargestellt sind. 3. Recherchiere den Hintergrund für den Beinamen „Winterkönig“ für König Friedrich. 4. Finde Beispiele für Parallelen zwischen dem Dreißigjährigen Krieg und Kriegen des 20. oder 21. Jh. Beziehe M2 und das Zitat „Der Krieg ernährt den Krieg“ in deine Überlegungen mit ein. 5. 1907 unterzeichneten viele Staaten die „Haager Landkriegsordnung“, die versucht, „die Leiden des Krieges zu mildern“ und die Zivilbevölkerung im Kriegsfall zu schützen. Begründe unter Einbeziehung von M2 und M3, warum solche Regeln unbedingt eingehalten werden sollten. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=