Alles Geschichte! 6, Schulbuch

41 Gesetzbuch Gesetzbücher der frühen Neuzeit waren vorrangig Strafgesetzbücher, die Tatbestände und die dafür vorgesehenen Strafen auflisteten. Diese Gesetzessammlungen betrafen zunächst nur einzelne Landesteile, bis Kaiser Karl V. 1532 die „Constitutio Criminalis Carolina“ (Peinliche Halsgerichtsordnung) verfassen ließ, die erstmals Gültigkeit für das ganze Kaiserreich hatte (s. S. 46). Mit Weiterentwicklung der Rechtswissenschaften enthielten Gesetzbücher immer ausführlichere und systematischere Gesetze. Patent Landesherrscher/innen veröffentlichten Stellungnahmen zu bestimmten Themen in Patenten. Diese wurden auch als Edikte, Erlässe oder Verordnungen bezeichnet und galten in der Folge als Normen. Verordnung von Maria Theresia zur Großjährigkeit. Patent vom 12. April 1753 Primo: Von nun an ohne einiger Rucksicht auf die Zeithero beobachtete unterschiedene Länder-Verfassung in gesamten Unseren teutschen Erb-Königreichen und Landen das gänzlich erfüllte Vier- und Zwainzigste Jahr zur Groß-Jährigkeit, oder vollständigen Majorennität sowohl für die Mannes- als Weibs-Personen, hoch- und niederen Standes, Geist- und Weltliche, mithin nicht allein für den Adel, sondern auch für den Burger-Stand ohne Ausnahm, und durchgehendes gleichförmig bestimmet – folgbar die Minderjährigkeit bis auf das erfüllte Vier- und Zwainzgste Jahr dergestalten erstreckt werden, seyn, und bleiben solle. M2: Beinhauer (Hg.): Sammlung der bis zum Jahre 1800 erschienenen Patente und Verordnungen, 3. Band, 1843, S. 34. Der Stufenbau der Rechtsordnung in Österreich In Österreich besteht heute ein einheitlicher Stufenbau der Rechtsordnung. Ganz oben stehen die österreichische Bundesverfassung, einzelne Verfassungsgesetze sowie die EU-Beitrittsakte. Untergeordnet sind einfache Bundesgesetze und Landesgesetze. Die Stufen sind hierarchisch aufgebaut, so dürfen beispielsweise Verordnungen nicht den Landes- oder Bundesgesetzen widersprechen, Bundes- oder Landesgesetze müssen wiederum mit der Verfassung übereinstimmen. Gesetze Gesetze sind allgemein verbindliche Rechtsnormen, die von dem dazu ermächtigten staatlichen Organ in einem Gesetzgebungsverfahren erlassen werden. Dieses Verfahren beinhaltet viele einzelne Schritte vom Gesetzesvorschlag bis zum Beschluss. Bundesgesetze gelten für ganz Österreich und werden im Parlament vom Nationalrat und vom Bundesrat beschlossen, Landesgesetze gelten für das jeweilige Land und werden im Landtag beschlossen. Verordnungen Eine Verordnung wird von einer Verwaltungsbehörde (z.B. Ministerium) erlassen. Sie wirkt inhaltlich gleich wie ein Gesetz, sie kann aber nur im zuständigen Wirkungsbereich der Behörde und aufgrund der Gesetze erlassen werden. Bescheide und Urteile Bescheide sind von Verwaltungsbehörden erlassene Entscheidungen und Anordnungen in einem Einzelfall, wie z.B. die Absonderung bei meldepflichtigen Krankheiten, und richten sich an bestimmte Personen. Bei Gerichten handelt es sich dabei um Urteile (inhaltliche Entscheidung) oder Beschlüsse (Regelung von Verfahrensfragen). Da gegen einen Bescheid immer Berufung (Rechtsmittel zur Überprüfung an einer übergeordneten Behörde) eingelegt werden kann, enthält der Bescheid eine Rechtsmittelbelehrung. Diese erklärt, welche weiteren Vorgehensweisen möglich sind. Grundprinzipien der Verfassung EU-Recht Bundes- und Landesverfassung Bundes- und Landesgesetze Verordnungen Bescheide, Urteile M3: Stufenbau der österreichischen Rechtsordnung Jetzt bist du dran: 1. Die Kleiderordnung von Kaiser Maximilian I. (M1) erwirkte Einschränkungen für bestimmte Bevölkerungsgruppen in der Auswahl der Kleidung. Diskutiere mögliche Gründe für die Einführung von Kleiderordnungen. 2. Vergleiche das Patent von Maria Theresia (M2) mit dem heute gültigen Alter der Volljährigkeit. 3. Überprüfe anhand des Autorentextes und M3, ob die Einteilung in einen Stufenbau für die Rechtsnormen der frühen Neuzeit möglich ist. 4. Recherchiere das Jugendschutzgesetz deines Bundeslandes und vergleiche die Bestimmungen mit denen eines anderen Bundeslandes. Nimm Stellung zu den Unterschieden. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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