Alles Geschichte! 6, Schulbuch

39 Die letzte große Bauernerhebung in Oberösterreich 1625/26 Diesmal war der Hauptgrund der Erhebung die Forderung nach konfessioneller Selbstbestimmung der Bauernschaft. Oberösterreich wurde zwischen 1620 und 1628 vom Kaiser an den bayrischen König verpfändet (d.h. zur Nutzung geborgt), als Gegenleistung für dessen finanzielle Unterstützung im Dreißigjährigen Krieg. Der bayrische König strebte eine Rekatholisierung des Landes an, jedoch wurden die von ihm eingesetzten Pfarrer von den Bewohnern vertrieben. In Frankenburg ließ der bayrische Statthalter zur Strafe und Abschreckung Männer auswählen, die gegeneinander um ihr Leben würfeln mussten. Bei diesem „Frankenburger Würfelspiel“ wurden 17 Männer hingerichtet. Dies war der Auslöser für einen großflächigen Aufstand mit dem Ziel, Oberösterreich von der bayrischen Verwaltung zu befreien. Der Aufstand wurde wie die bisherigen schlussendlich niedergeschlagen. Der Historiker Martin Scheutz zu den sozialen Konflikten der Neuzeit Die […] nicht genau zu definierenden Begriffe Aufstände, Revolten, Unruhen (bis hin zum bewaffnet ausgetragenen „Bauernkrieg“) decken ein breites Spektrum an ländlichem und städtischem Protest […] und an verschiedenen Widerstandsformen ab: […] arbeits- und grundherrschaftliche Konflikte, Lebensmittelproteste, konfessionell basierte Auseinandersetzungen und ständische Konflikte, landespatriotische Erhebungen und organisierte Formen der versuchten Beteiligung an Herrschaft etc. fallen unter den neutralen Sammelbegriff der Unruhen. Derartige Konflikte waren […] an der Tagesordnung und schienen sowohl den weltlichen wie geistlichen Grundherren als auch den jeweiligen Landesfürsten in der Frühen Neuzeit jederzeit erwartbar. M4: Scheutz: Ein tosendes Meer der Unruhe? Konflikte der Untertanen mit der Obrigkeit in Ostösterreich und angrenzenden Regionen vom Spättmittelalter bis zum Ende der frühen Neuzeit, 2013, S. 116. In weiterer Folge ging die grundherrliche Gewalt auf die Landesherrschaft über, wodurch die Abgaben, Steuern und Frondienste einheitlich geregelt wurden. Bis zum 19. Jh. änderte sich die Situation der Bauernschaft aber nicht wesentlich. In Österreich wurden die Bauern erst 1848 von der Untertänigkeit befreit und zu Eigentümern ihrer Höfe (s. S. 112–114). Jetzt bist du dran: 1. Beschreibe anhand der Abbildung M1 die Kleidung und die Ausrüstung der Bauern im 15. Jh. 2. Stelle die Aussagen von Müntzer und Luther in den Quellen M2 und M3 gegenüber. 3. Diskutiere, mit welchen Mitteln soziale Konflikte, wie sie in M4 angeführt sind, entschärft werden können. Die Landesherren waren zu keinen Verhandlungen mit der Bauernschaft bereit. Sie ließen die Aufstände militärisch durch Söldnerheere niederschlagen und die Anführer hinrichten. Auszug aus einer Schrift von Martin Luther (1525) Dreierlei gräuliche Sünden wider Gott und den Menschen laden diese Bauern auf sich, daran sie den Tod verdient haben, an Leib und Seele, mannigfaltig. Zum ersten, dass sie ihrer Obrigkeit Treue und Huld geschworen haben, untertänig und gehorsam zu sein, wie solches von Gott geboten, da er spricht: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist. M3: Luther: Wider die mordischen vnd Reubischen Rotten der Pawren, 1525, S. 1. (Übersetzung des Textes aus 1525) Der Fall Seitelschlag gegen Stift Schlägel Ein anderes Bild in der Auseinandersetzung zwischen Bauern und Grundherren zeigen Prozessakten aus dem oberen Mühlviertel. Nachdem der Abt des Stiftes Schlägel als Grundherr die Steuern angehoben und bestimmte Rechte der Bauern in Bezug auf die Waldnutzung des Stiftes aufgehoben hatte, verfassten die Bewohner/innen des Dorfes Seitelschlag 1552 eine Beschwerde an den Landeshauptmann von Oberösterreich und damit den Kaiser. Der Beschwerde wurde in einem drei Jahre dauernden Prozess nachgegangen. Da es keine geschriebenen Urkunden zu den Rechten gab, wurden viele Zeugen gehört. Schließlich wurde eine Einigung hinsichtlich der Steuern erzielt und dem Dorf in Sachen Waldnutzung recht gegeben. Die zweite große Erhebung der Bauernschaft in Ober- und Niederösterreich Die Lage der Bauern verschärfte sich Mitte des 16. Jh. weiter, als der Kaiser den Frondienst unbegrenzt ausweitete. Der Frondienst war die unbezahlte Arbeitsleistung der Bevölkerung, die sie für den Grundherren zu erbringen hatte (z. B. Feld- oder Bauarbeiten). Außerdem wurde festgelegt, dass auch Kinder zu Arbeitsleistungen herangezogen werden durften. Eine weitere Kriegssteuer für den Kampf gegen die Osmanen führte 1594 schließlich zu einer neuerlichen Erhebung der Bevölkerung in Oberösterreich sowie in Teilen Niederösterreichs. Nach dem anfänglichen militärischen Erfolg der Aufständischen setzte der Kaiser zunächst auf Verhandlungen. Nachdem die Bauernschaft aber erkannt hatte, dass die kaiserlichen Abgesandten sie mit einer Verzögerungstaktik hinhielten, erhob sie sich erneut. Dieser Aufstand wurde von den kaiserlichen Truppen niedergeschlagen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=