Alles Geschichte! 6, Schulbuch

38 3.3 Die Bauernaufstände der Neuzeit Im Mittelalter kam es in Europa vereinzelt zu regionalen Aufständen der Bauernschaft, die sich gegen Forderungen ihrer Grundherren wehrten. Als sich gegen Ende des Mittelalters die Lebensumstände der Bauernschaft zu verändern begannen, kam es zu größeren Aufständen (Bauernkriege). Diese setzten sich bis ins 17. Jh. fort. Die Unzufriedenheit der Bauern lässt sich auf drei Ursachenbereiche zurückführen. Wirtschaftliche Gründe Die bäuerlichen Abgaben an die Grundherren waren ursprünglich landwirtschaftliche Naturerzeugnisse (Getreide, Milchprodukte, Vieh). Später wurden vermehrt Geldzahlungen eingefordert. Das verschlechterte die wirtschaftliche Situation der Bauern, da Geld den Schwankungen der Inflation unterliegt. Weiters wurden zusätzliche Steuern, Abgaben und Monopole eingeführt, um die gestiegenen Bedürfnisse der Grundherren und die Kriegsführung der Landesherren zu finanzieren. Die zusätzlichen Belastungen gefährdeten die wirtschaftliche Selbstständigkeit und die Lebensgrundlage der Bauern. Rechtliche Gründe Das im Mittelalter vorherrschende Gewohnheitsrecht (über einen langen Zeitraum ausgeübte, akzeptierte Handlungen und Verfahrensweisen), welches auf mündliche Abmachungen beruhte, wurde zunehmend durch das römische Recht verdrängt. Durch die Verschriftlichung der Rechte in Urkunden und Dokumenten waren die Bauern unter Umständen benachteiligt, da bei Rechtsstreitigkeiten höhere Kosten für die Beauftragung eines Juristen anM1: Hans Sebald Beham: Das Bauernfest oder Die zwölf Monate: Bauernschlägerei. Kupferstich, 1547 fielen, wenn diese nicht vom Dorfrichter geklärt werden konnten. Außerdem wurden höhere Richter von den Grundherren eingesetzt, was ein weiterer Nachteil für die Bauern war. Auch Gemeinrechte der Bauernschaft wurden beschnitten, wie die Nutzung von gemeinschaftlichem Eigentum. Dieses Eigentum wurde Allmende genannt und umfasste z. B. Wiesen und Wald. Religiöse Gründe Reformatorische Gedanken wurden auch von der Bauernschaft aufgenommen. So forderten die Bauern ein Mitspracherecht bei der Bestellung der in der Gemeinde tätigen Priester (und deren Glaubensbekenntnissen). Auch führte die Übersetzung der Bibel in die deutsche Sprache dazu, dass die Bauernschaft Belege für ihre Rechte aus der Bibel übernahm und diese Rechte für sich einforderte. Auszug aus einer Schrift des Theologen Thomas Müntzer (1524) Die Herren machen das selber, dass ihnen der arme Mann feind wird. Die Ursache des Aufruhrs wollen sie nicht wegtun, wie kann es auf lange Zeit gut werden: So ich das sage, muss ich aufrührerisch sein. Wohlan. M2: Müntzer: Hoch verursachte Schutzrede und antwort/wider das Gaistloße Sanfft lebende fleysch zu Wittenberg, 1524, S. 11. (Übersetzung des Textes aus 1524) Die 12 Artikel als Vorläufer der Landesordnungen Der reformatorische deutsche Theologe Thomas Müntzer unterstützte die Forderungen der Bauernschaft und schloss sich dem 1524 ausgebrochenen Aufstand der Bauern an. Durch den Buchdruck wurden die Forderungen der Bauernschaft, die sie in 12 Artikeln ausformulierten, sowie andere Protestschriften schnell überregional verbreitet. Ausgehend von Thüringen in Mitteldeutschland weitete sich der Aufstand gegen die Grundherren bis 1526 in Richtung Süden in die Schweiz, nach Tirol, Salzburg und in die Steiermark aus. Während die 12 Artikel nur die Probleme der Bauernschaft beinhalteten, kam es in Tirol zur Veröffentlichung einer ganzen Landesordnung, die allerdings nie umgesetzt wurde (s. S. 35). Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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