Alles Geschichte! 6, Schulbuch

30 2.9 Der Frühkapitalismus im Heiligen Römischen Reich: Das Beispiel der Familie Fugger Im 15. Jh. entstanden neue Handelszentren und Handelsbeziehungen. Mit der zunehmenden weltweiten Vernetzung entwickelten sich eine Vorform der Globalisierung sowie ein neues Geld- und Kreditwesen. Kredite für Kaiser, Könige und Fürsten Herrscher/innen benötigten zur Finanzierung ihrer Entdeckungsfahrten und kriegerischer Auseinandersetzungen Darlehen von Kaufleuten. Regelmäßige staatliche Einnahmen durch Steuern, wie wir sie heute kennen, gab es nicht. Herkömmliche Einnahmen, z.B. aus land- und forstwirtschaftlichem Grundbesitz sowie aus königlichen Markt-, Münz-, Bergbau- oder Zollrechten, sogenannten Regalien, konnten den Bedarf an Geldmitteln kaum decken. Der Bergbau als Einnahmequelle Entscheidende Bedeutung gewann […] das Bergbauregal, das exklusive Recht des Herrschers am „Bergsegen“ – vorausgesetzt, das Land verfügte über entsprechende Bodenschätze. […] Sie waren der Gegenwert für die Kredite der Kaufleute. Als 1409 die großen Kupfer- und Silbervorkommen in Tirol entdeckt wurden, war dies eine wesentliche Voraussetzung für den europäischen Aufstieg der Habsburger, aber auch zahlreicher süddeutscher Handelshäuser […]. M2: Gabler: Die Fuggerei, 2020, S. 13. Die Fugger als Finanziers der Habsburger Der wichtigste Kreditgeber der Habsburger seit dem 15. Jh. war das Handels- und Bankhaus der Familie Fugger aus Augsburg. Maximilian I. finanzierte Reisen, Hofhaltung und Feldzüge über diese Darlehen. Über das mächtige Heilige Römische Reich des 16. Jh. herrschte der Habsburger Karl V., ein Enkel Maximilians I. Er wurde 1519 mit Hilfe der Fugger zum römisch-deutschen König gewählt. Die Fugger hatten die Bestechungsgelder zur Verfügung gestellt, mit denen Karl die Stimmen der Kurfürsten kaufte. Dadurch erlangten die Fugger Einfluss auf den Herrscher, der vom Papst 1530 zum römisch-deutschen Kaiser gekrönt wurde, und erhielten Nutzungsrechte, z. B. Pachtrechte an Quecksilbergruben in Spanien. Neue Handelszentren und Handelswege Die Familie Fugger hatte ihre Geschäfte mit der Herstellung von Textilien begonnen und stieg dann in den europäischen Handel ein. Im Laufe des 16. Jh. verlagerte sich der Schwerpunkt des europäischen Handels vom Mittelmeer- zum Überseehandel. Wichtige Häfen und Handelszentren wurden Lissabon, Sevilla und Antwerpen. Gewürze, Gold, Silber und Zucker aus den Kolonien und Produkte aus den europäischen Manufakturen wurden dort umgeschlagen, das heißt umgeladen. Atlantischer Ozean Mittelmeer Nordsee Schwarzes Meer Ostsee Stockholm Visby Skandör York London Danzig Stettin Lübeck Hamburg Antwerpen Brügge Brüssel Paris Leipzig Köln Frankfurt Straßburg Tours Genf Lyon Bordeaux Beaucaire Genua Mailand Venedig Verona Bologna Belgrad Ragusa Thessaloniki Aleppo Ankara Athen Konstantinopel Beirut Rom Neapel Naher Osten, Schwarzes Meer Mittel-/Südamerika Marseille Toulouse Barcelona Valencia Sevilla Algier Tunis Lissabon Madrid Medina de Rioseco Medina del Campo Lublin Breslau Krakau Nürnberg Wien Budapest Kiew Moskau Nowgorod Schwaz Hall Amsterdam Oslo Calais Augsburg Landweg Seeweg 0 250 500 km M1: Handelswege und Niederlassungen der Fugger in Europa Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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