Alles Geschichte! 6, Schulbuch

24 2.6 Die Reformation im Heiligen Römischen Reich Als Reformation bezeichnen Historiker/innen eine im frühen 16. Jh. beginnende kirchliche Erneuerungsbewegung, die von Martin Luther eingeleitet wurde. Die geistigen und kulturellen Entwicklungen in Renaissance und Humanismus hatten große Bedeutung für die Reformbewegung. Unmittelbarer Anlass für die Forderungen nach Veränderung war der Ablasshandel. Geldzahlungen für den Petersdom Papst Leo X. benötigte für den Neubau des Petersdoms in Rom große Summen. Dieses Geld sollte vor allem durch Sammlungen und durch Ablasshandel eingenommen werden (s. S. 22). Im deutschsprachigen Raum wurde u.a. der Dominikanermönch Johann Tetzel als höchst erfolgreicher „Ablasshändler“ bekannt. Martin Luther als Urheber der Reformation In einem Brief an seine Vorgesetzten äußerte der Mönch und Theologe Martin Luther 1517 Kritik an den Ablassverkäufen und weiteren Missständen innerhalb der katholischen Kirche. Er schloss daran eine Darstellung seiner Position in verschiedenen kirchlichen Fragen, seine „95 Thesen“, an. Die Art der Veröffentlichung wird meist als „Anschlag der 95 Thesen am 31. Oktober 1517 an die Wittenberger Schlosskirche“ erzählt, ist jedoch historisch umstritten. Fest steht, dass Martin Luther die Kirche zu einer Auseinandersetzung mit innerkirchlichen Missständen und mit Teilen der eigenen Lehre zwingen wollte. Phasen der Reformation Bis etwa 1525, während der ersten Phase der Reformation, stammten Luthers Anhänger/innen, vor allem aus der Landbevölkerung. Es entstand eine „Bewegung von unten“, die das Recht auf Selbstbestimmung und Freiheit einforderte, für das Luther in seinen Schriften eintrat. Auch in den Städten, wo Kirche und Klerus große Macht hatten, wurden Luthers Lehren mit Interesse aufgenommen. Dort gab es viele Möglichkeiten, zu diskutieren und Neues zu erfahren, die Bürger/innen waren gebildeter als die Landbevölkerung und sie hatten besseren Zugang zu den gedruckten Schriften. Die zweite Phase, in der sich einzelne Fürsten hinter Martin Luther und gegen den Papst stellten, wird auch als „Fürstenreformation“ bezeichnet. Manche Fürsten nutzten die Reformation dazu, durch die Abgrenzung gegenüber Papst und Kaiser ihre Macht auszubauen. Bauernaufstände als Folge der Reformation 1524 bis 1526 kam es im deutschen Sprachraum zu Bauernaufständen (s. S. 38 f.). Die Bauernschaft litt unter den Abgaben, die sie an ihre weltlichen und geistlichen Grundherren entrichten musste, Jagd und Fischerei wurde ihr verboten. Viele ehemalige Bauern mussten bei Grundherren als Leibeigene in den Dienst treten. Luthers Lehren und vor allem seine Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ ermutigten Teile der Bauernschaft, bessere Lebensumstände einzufordern. Luther selbst lehnte die Aufstände der Bauern jedoch ab. Die Bauernaufstände weiteten sich auf große Teile des Heiligen Römischen Reiches aus und führten auch zu Erhebungen von Bergleuten und anderen benachteiligten Bevölkerungsgruppen. Auseinandersetzung mit Kirche und Kaiser Für Luther war die Bibel die Grundlage des christlichen Glaubens. Er lehnte alle kirchlichen Lehren ab, die nicht auf biblische Inhalte rückführbar waren, z. B. die Heiligenverehrung. Ebenso lehnte er Klöster und den Zölibat (= Ehelosigkeit und sexuelle Enthaltsamkeit von Priestern) ab. Für die Kirche stellten Luther und seine Anhänger/innen bald eine Bedrohung dar. In einem Ketzerprozess wurde Luther deshalb vom Papst mit dem Kirchenbann (= Ausschluss aus der Kirche) belegt. Als christlicher Herrscher sah sich der Kaiser als Verteidiger der Kirche. Da Luther sich am Reichstag zu Worms 1521 weigerte, seine Lehren zu widerrufen, wurde er von Kaiser Karl V. im Wormser Edikt geächtet. Luther drohte nun der Tod als Ketzer, weshalb ihn sein Landesherr und Unterstützer, Friedrich der Weise, auf der Wartburg in Sicherheit bringen ließ. Dort übersetzte Luther die Bibel aus dem Griechischen ins Deutsche und trug damit zur Entwicklung einer deutschen Schriftsprache bei. Weil die evangelischen Reichsstädte und Fürsten gegen das Wormser Edikt protestierten, erhielten sie den Namen „Protestanten“. M1: Martin Luther als Playmobil-­ Figur. Fotografie, 2016 Für das „Luther-Jahr“ 2017 wurde in einer Kooperation des Nürnberger Tourismusverbandes und der Firma Playmobil mit Zustimmung der evangelischen Kirche die Figur des Martin Luther aus bereits bestehenden Teilen zusammengesetzt und um 2,39 Euro verkauft. Im Juni 2017 hatte man bereits über eine Million Stück der Playmobil-Figur abgesetzt. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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