Alles Geschichte! 6, Schulbuch

22 2.5 Europa am Beginn der Reformation Die Kirche im Spätmittelalter Von 1378 bis 1417 beanspruchten zwei Päpste die Papstwürde für sich und führten dadurch eine Trennung innerhalb der Kirche und der europäischen Gesellschaften herbei. Das Konzil von Konstanz, eine Versammlung hoher geistlicher Würdenträger, beendete dieses Große Schisma (= Kirchenspaltung), indem es einen neuen Papst wählte und so die Einheit wiederherstellte. Auch notwendige Reformen wurden vom Konzil geplant, die von Folgekonzilien ausgearbeitet werden sollten. Große Kritik herrschte zum Beispiel am Ablasshandel. Inzwischen hatte jedoch der Papst in Rom seine Macht wiederhergestellt und setzte diese ein, um Reformen zu verhindern. Fegefeuer und Ablasshandel Eine der kirchlichen Lehren lautete, dass die Verstorbenen für ihre Sünden im Fegefeuer büßen müssten, bevor sie in den Himmel zu Gott gelangten. Die Gläubigen könnten das Strafausmaß aber durch bestimmte Handlungen, wie die Pflege von Kranken, und durch Geldzahlungen an die Kirche mindern. Im Spätmittelalter begannen kirchliche Würdenträger mit großen Ablasskampagnen, um kirchliche Gebäude zu finanzieren (s. S. 24). M1: Albrecht Dürer: Das Fegefeuer. Holzschnitt, Staatliche Museen zu Berlin, 1503 Vergabe und Ausübung von kirchlichen Ämtern Grundsatzfragen wie die Diskussion darüber, ob die Kirche als Nachfolger Christi privaten Besitz haben dürfe, beschäftigten die Kirche. Hohe geistliche Ämter wie die Kardinals- und die Bischofswürde wurden fast ausschließlich an Adelige vergeben. Mit diesen Ämtern waren bestimmte Einkünfte verbunden, die Pfründe. Je mehr Ämter jemand bekleidete, desto mehr Einkünfte hatte er, weshalb die Häufung von Pfründen von vielen Gläubigen kritisiert wurde. Vor allem für zweit- oder drittgeborene Söhne adeliger Familien war ein kirchliches Amt eine Möglichkeit, sich materiell abzusichern. Sie waren häufig nicht theologisch gebildet, oft auch ohne Priesterweihe. Die Priester in den Pfarren waren ebenfalls vielfach theologisch ungebildet und kümmerten sich wenig um ihre Pfarrgemeinden. Weltbilder im Wandel Humanismus und Renaissance vermittelten ein neues Lebensgefühl, in dem sich Menschen ihrer eigenen Individualtät bewusst wurden. Das anthropozentrische Weltbild, das den Menschen in den Mittelpunkt stellte, führte zu einer ersten Säkularisierung, d. h. zu einer Verweltlichung. Nicht mehr Gott allein war Gestalter der Welt, auch die Menschen wurden als selbstständig denkende, gestaltende Wesen gesehen, zum Beispiel in Kunst und Wissenschaft. Das ermöglichte zunehmend auch Kritik an der Kirche. Auch das von der Kirche vertretene geozentrische Weltbild mit der Erde als Mittelpunkt des Universums konnte in der Neuzeit nicht mehr aufrechterhalten werden. Der Astronom Nikolaus Kopernikus erstellte das heliozentrische Weltbild mit der Sonne als Mittelpunkt des Universums, um welche die anderen Himmelskörper kreisen. Mathematisch beweisen konnte er sein Modell jedoch nicht. Die Kirche, die ihr Weltbild auf den Aussagen der Bibel begründete, geriet mit diesen Veränderungen in Bedrängnis. Sie stellte sich daher gegen die heliozentrische Sichtweise und ließ deren Anhänger/innen verfolgen. Drei Frauen in machtvollen Positionen Frauen waren im ausgehenden 15. Jh. und im 16. Jh. aus dem politischen Leben meist ausgeschlossen oder zumindest Männern untergeordnet. Mit Margarete (1480–1530), der Statthalterin der Niederlande und Tochter von Maximilian I., seiner Enkelin Maria von Ungarn (1505–1558) und der unehelichen Tochter von Karl V., Margarete von Parma (1522–1586), gab es zumindest drei hochgebildete Frauen in politischen Spitzenpositionen. Ihre Stellung ermöglichte es ihnen, Kunst und Kultur zu fördern. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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