Alles Geschichte! 6, Schulbuch

20 2.4 Der Humanismus als neue Weltsicht Ende des 14. Jh. bzw. Anfang des 15. Jh. entstand in Italien eine neue geistige Bewegung, die als „Humanismus“ bezeichnet wird. Die Gedankenwelt des Humanismus ist eng verbunden mit der Idee der Renaissance. Das Weltbild am Beginn der Frühen Neuzeit Um 1500 konnte der Großteil der Bevölkerung weder lesen noch schreiben. Die Gelehrten dieser Zeit waren meist Angehörige des Klerus, das heißt Geistliche. Die Lehren der Kirche und der Bibel beeinflussten daher das gesamte Denken und Handeln der Menschen. Nach kirchlicher Vorstellung sollten die Menschen gottgefällig leben. Sie sollten ihr Leben so gestalten, dass sie nach ihrem Tod ins Paradies aufgenommen wurden. Das blieb auch in Zeiten des Humanismus so, denn dieser war vor allem eine Bewegung der städtischen Oberschicht und des hohen Adels. Italien am Beginn der Neuzeit Der wirtschaftliche Aufschwung und der Wettbewerb zwischen den fünf mächtigsten italienischen Stadtstaaten Mailand, Venedig, Florenz bzw. Toskana, Neapel und dem Kirchenstaat förderte die Entwicklung neuer Strömungen in Kunst und Kultur (s. S. 16–19) und neuer Denkrichtungen. Antike Schriften und die Wiederentdeckung antiken Wissens bildeten die Grundlagen der humanistischen Lehren, die von Gelehrten an die Fürstenhöfe gebracht wurden und so europaweit Verbreitung fanden. Auch volkssprachliche Literatur wurde von den Humanisten herangezogen. Dies hatte wichtige kulturelle und sprachliche Folgen. Beispielsweise begannen italienische Autoren, Schriften in italienischer statt in lateinischer Sprache zu verfassen. M1: Lettern eines modernen Bleisatzes, Fotografie, 2017 Der Humanismus als Bildungsbewegung Der Humanismus orientierte sich an den Menschen mit ihrer je eigenen Persönlichkeit und an den Erscheinungsformen in der Natur. Er wandte sich damit nicht völlig vom christlichen Weltbild ab, stellte jedoch das Diesseits und den Menschen in den Mittelpunkt. Das von den Humanisten angestrebte Ideal war der umfassend gebildete, schöpferisch-künstlerische Mensch. Dieses Ideal war jedoch nur für eine kleine Gruppe von besonders gebildeten Adeligen, Geistlichen, Bürgerinnen und Bürgern erreichbar. Die Rolle der mittelalterlichen Skriptorien Die Schreibstuben der Klöster hatten wesentlich zur Erhaltung antiker Schriften beigetragen, da das Abschreiben von Texten eine wichtige Aufgabe von Ordensleuten war. Die Humanisten zogen diese Texte für ihre Studien heran und interpretierten sie neu. Die Suche nach Originaltexten war dabei ein wichtiger Arbeitsschritt. M2: Unbekannt: Mönch als Schreiber in einem mittelalterlichen Skriptorium. Holzschnitt, 1526 Der Buchdruck Um das Jahr 1450 vollendete Johannes Gutenberg eine Erfindung, an der er schon lange gearbeitet hatte – das Vervielfältigen von Schriftstücken mit aus Blei gegossenen beweglichen Lettern. Die einzelnen Buchstaben des Alphabets und die Satzzeichen konnten nun erstmals beliebig kombiniert werden. Das erste auf diese Art gedruckte Werk war eine Bibel in lateinischer Sprache. Die Verbreitung der humanistischen Lehren wurde durch das neue Druckverfahren wesentlich beschleunigt (s. S. 22). Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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