179 Migrationsbewegungen Im Jahr 1951 wurde das „Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge“ verabschiedet, das sich hauptsächlich mit europäischen Flüchtlingen im Kontext des Zweiten Weltkrieges auseinandersetzt, der 1945 endete. 1967 wurde es durch ein Zusatzprotokoll erweitert. Das Abkommen ist unter dem Namen „Genfer Flüchtlingskonvention“ bekannt und bis heute sind weltweit 149 Staaten beigetreten. Auf Grundlage der Genfer Flüchtlingskonvention setzt sich die UNHCR, eine Teilorganisation der UNO, für das Leben und die Rechte von Geflüchteten ein. Anerkannte Flüchtlinge unterliegen dem Gesetz des jeweiligen Landes, in welchem sie sich aufhalten. Sie haben beispielsweise das Recht auf Arbeit und auf Bildung. Vor der rechtlichen Anerkennung (d.h. während des Prüfungsverfahrens) gilt man als Asylsuchende oder Asylsuchender. Während dieser Zeit haben Asylsuchende das Recht auf eine Grundversorgung. Diese umfasst eine angemessene Unterkunft, Verpflegung und Betreuung. Definition „Flüchtling“ nach der Genfer Flüchtlingskonvention (1951) Im Sinne dieses Abkommens findet der Ausdruck „Flüchtling“ auf jede Person Anwendung: […] die […] aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will; oder die sich als staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will. […] M2: Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Artikel 1). Online auf: https://www.unhcr.org (12.10.2022). Ansiedlung und Vertreibung Manchmal setzten Herrscher/innen auch gezielte Anreize für die Zuwanderung von Arbeitskräften oder Siedlerinnen und Siedlern aus dem Ausland, z.B. durch die Gewährung von Freiheiten (Religionsfreiheit, Aufhebung der Leibeigenschaft), durch steuerliche Begünstigungen oder Landschenkung. Andererseits wurden Angehörige ethnischer oder religiöser Minderheiten aber auch gewaltsam zur Auswanderung und damit zur Einwanderung in einen anderen Staat gezwungen. Dieses Vorgehen wird als Vertreibung bezeichnet. Die österreichische Herrscherin Maria Theresia ließ Mitte des 18. Jh. über 10 000 Jüdinnen und Juden bei eisigem Winterwetter aus Prag vertreiben. Die Vertriebenen mussten in anderen Regionen eine Bleibe finden. Der Begriff Deportation hingegen bezeichnet die erzwungene Umsiedlung von Personen im eigenen Herrschafts- bzw. Staatsgebiet. In der Habsburgermonarchie wurden beispielsweise im Laufe des 18. Jh. an die 14 000 Menschen aus den österreichischen Erblanden nach Siebenbürgen und ins Banat deportiert. Es handelte sich dabei um Personen protestantischer Konfession, um nach damaligen Maßstäben „Kriminelle“, wie Obdachlose, und um politische Gegner/innen. Gründe für Migration Wie oben beschrieben, haben Wanderungsbewegungen unterschiedliche Ursachen, die nach einem wissenschaftlichen Modell Push- und Pull-Faktoren zugeordnet werden. Auf der Karte (M1) wird auch zwischen überregionaler Migration (d.h. in eine andere Weltregion, einen anderen Staat) und Binnenmigration unterschieden. Letztere bezeichnet die Migration innerhalb eines Staates oder innerhalb einer geografischen Region. Flucht und Flüchtlinge Flucht bezeichnet das oft überstürzte Verlassen eines Aufenthaltsortes aufgrund einer existenzbedrohenden Notsituation und das Aufsuchen eines sicher erscheinenden Ortes. Ein bestimmter Zielort steht oft nicht fest, denn Flucht erfolgt meist plötzlich und häufig etappenweise. Jetzt bist du dran: 1. Arbeite aus dem Auszug der Genfer Flüchtlingskonvention heraus, unter welchen Umständen jemand als Flüchtling gilt. 2. Beschreibe auf Grundlage der Kapitelinformationen die fiktive Geschichte einer Person, die nach Österreich geflüchtet ist. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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