Alles Geschichte! 6, Schulbuch

177 Die Katastrophe in Kunst und Kultur des 19. Jh. Es kursieren einige Anekdoten zu den Auswirkungen des Vulkanausbruchs: So veranlasste das schlechte Wetter angeblich eine Gruppe von Autorinnen und Autoren, Schauergeschichten zu verfassen. In der Folge entstand der Roman „Frankenstein“ von Mary Shelley. Auch sollen viele Gemälde die eigenartigen Farben des Abendhimmels aufgrund der Aschewolke widerspiegeln. M5: Caspar David Friedrich: Frau vor der untergehenden Sonne. Gemälde, 1818 Irlands „Great Famine“ Irlands Kunst und Kultur wurden durch die große Hungersnot (1845–1852) nachhaltig geprägt. Obwohl sie sich erst 30 Jahre nach dem Vulkanausbruch ausbreitete, gibt es eine Verbindung. Die Ursache der Hungersnot war der Ausbruch der Kartoffelfäule, die Kartoffelpflanzen befällt. Kartoffeln waren damals das Hauptnahrungsmittel der irischen Bevölkerung. Der Pilz führte für mehrere Jahre zu einer massiven Verminderung der Kartoffelernte. Vermutlich hatten die klimatischen Veränderungen und die ungewöhnlich feuchten Wetterbedingungen des Jahres 1816 die Anfälligkeit der Kartoffeln und die Verbreitung der Pilzsporen begünstigt. Die Auswirkungen waren verheerend: Millionen Menschen starben an Hunger oder Krankheit, und eine große Anzahl von Irinnen und Iren war gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Die USA und Kanada waren dabei die Hauptziele. Die meisten Auswandernden ließen sich in Städten wie New York, Boston und Montreal nieder. Viele migrierten auch nach Großbritannien, wo die expandierenden Industrien Arbeit boten. Die Nachfahren der damals eingewanderten Irinnen und Iren sind in Großbritannien bis heute präsent. Während der Hungersnot wurden auch Strafgefangene nach Australien geschickt, insbesondere in das heutige Tasmanien. Die irischen Sträflinge und Vertriebenen mussten dort bei der Kolonisierung helfen. Diese irischen Migrationsbewegungen hatten großen Einfluss: Sie prägten die demografische, kulturelle und wirtschaftliche Landschaft sowohl in den Zielländern als auch in Irland selbst. Das ist bis heute in den betroffenen Regionen spürbar. Die Hungersnot hinterließ tiefe soziale und wirtschaftliche Wunden in Irland und führte zu einer Veränderung der politischen Landschaft, indem sie zur Entstehung der irischen Nationalbewegung beitrug. Sie wird in der irischen Literatur, Musik und Kunst thematisiert. Gedenkstätten, Denkmäler und Museen erinnern an die Opfer und prägen die Identität und das kollektive Gedächtnis, also die gemeinsamen Erinnerungen des irischen Volkes bis heute. M6: John Behan: „Coffin Ship“ des National Famine Monument in Murrisk. Skulptur, 1997 Jetzt bist du dran: 1. Erstelle insgesamt fünf Quizfragen zu den Jahren 1815 und 1816. 2. Fasse die Migrationsbewegungen aufgrund der klimatischen Bedingungen in diesem Querschnitt zusammen. Arbeite Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit heutigen Migrationsbewegungen aus ähnlichen Gründen heraus. 3. Die Hungersnot ist auch heute noch fest in der Jugend- und Populärkultur verankert. Ein Beispiel ist das Lied „Fields of Athenry“, das von vielen Interpretinnen und Interpreten veröffentlicht wurde. Hört euch das Lied an. Interpretiert Melodie und Liedtext sowie die Skulptur M6 und arbeitet Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Deutungen heraus. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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