Alles Geschichte! 6, Schulbuch

173 Die Vergangenheit betrachten In der Kaisergruft (Kapuzinergruft) am Neuen Markt in Wien unter dem Kapuzinerkloster liegt die Begräbnisstätte der Habsburger. 138 Abkömmlinge der Habsburgerdynastie und nahezu alle Kaiser seit dem 17. Jh. liegen in der Gruft begraben. Die aufwendig gestalteten Sarkophage zeigen Symbole der Vergänglichkeit des Irdischen und der Macht sowie religiöse Motive. Im Übrigen erfolgte eine damals für den Hochadel nicht unübliche getrennte Bestattung des Leichnams und der inneren Organe. Dies hatte vor allem praktische Gründe. Der einbalsamierte Leichnam wurde oft über weite Strecken transportiert und konnte durch das Entnehmen der Organe besser erhalten werden. Die Organe wurden in einer eigenen Urne bestattet. Wiederum getrennt wurde das Herz beigesetzt, dem eine besondere Bedeutung galt. In Wien ist seit Mitte des 17. Jh. die Loretokapelle in der Augustiner-Kirche die traditionelle „Herzgruft“ der Habsburger. In die Vergangenheit eintauchen Die Dynastie der Habsburger ist eng mit der österreichischen Geschichte verbunden. Sie prägten und beherrschten als Landesherren die ursprünglichen Länder der Babenberger oft in Doppelfunktion, die sie als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches innehatten. Unter dem Titel „Die Welt der Habsburger“ (WdH) existiert seit 2010 eine virtuelle Ausstellung, in welcher unter Federführung von Historikerinnen und Historikern der Universität Wien zahlreiche wissenschaftlich fundierte Texte und diverse Quellen zur österreichischen Geschichte und der Herrschaft der Habsburger geboten werden. Unter www.habsburger.net kann man die Ausstellung besuchen. Für Referate zum Thema bietet sie durch die Fachtexte, einen guten Rechercheeinstieg. Wissenswertes Einige Herrscher aus der Habsburger Dynastie hinterließen Wahl- und Mottosprüche, die sie lange überdauerten. Berühmt ist die Vokalfolge AEIOU. Kaiser Friedrich III. (1415–1493) gilt als Urheber dieser Lautfolge, die sich auf zahlreichen Gegenständen, wie Kunst, Büchern, Geschirr und sogar auf Bauwerken wiederfindet. Die Vokalreihe hat schon eine Vielzahl von lateinischen und deutschsprachigen Deutungen erfahren, wie z.B. „Austria erit in orbe ultima“ („Österreich wird ewig sein“) oder „Alles Erdreich ist Österreich untertan“. Der deutsche Historiker Moritz Langmaier scheint mit seiner Forschung im Jahr 2023 das Rätsel endgültig gelöst zu haben: Die Vokalreihe gehe auf die Formel „amor electis iniustis ordinor ultor“ („Geliebt von den Erwählten, gefürchtet von den Ungerechten“) zurück, die mehrfach schon in Schriftstücken von und über Kaiser Friedrich III. zu finden war. „Bella gerant alii, tu felix Austria nube“: Kriege führen mögen andere, du, glückliches Österreich, heirate. Diese Phrase ist der erste Teil des lateinischen Distichons, gefolgt von „nam quae mars aliis dat tibi regna venus“: Denn was anderen die Göttin Mars (gibt), gibt dir Venus. Dieser Spruch tritt oft im Zusammenhang mit der Hausmachtpolitik der Habsburger, v. a. unter Maximilian I. auf. „Viribus unitis“: „Mit vereinten Kräften“ war ein Wahlspruch Kaiser Franz Joseph I., der im Kontext des Vielvölkerstaates und der Doppelmonarchie zu verstehen ist. Tatsächlich galt der Kaiser bis zum Ende der Monarchie für zahlreiche Untertanen als Identifikationsfigur und sinnstiftende Spitze für den Zusammenhalt des Habsburgerreiches. Das moderne Flaggschiff der k. u. k. Marine, welches diesen Namen trug, wurde 1918, nachdem es nach der Auflösung der Monarchie dem neuen SHS-Staat (Staat der Slowenen, Kroaten und Serben) übergeben wurde, von Italien versenkt. Jetzt bist du dran: 1. Gestalte ein Kurzreferat, in welchem du anhand einer Recherche auf der Plattform WdH ein Ereignis oder eine Persönlichkeit vorstellst. Verwende dabei auch eine Quelle oder eine Darstellung, die in der Ausstellung geboten wird. 2. Nimm zu dem Ausspruch Bella gerant alii, tu felix Austria nube Stellung. Sollte dies ein Wahlspruch für die Politik gewesen sein, täuscht er über zwei Tatsachen hinweg. Überlege, welche das waren und begründe deine Antwort. Lebendige Geschichte: Habsburger in Österreich M5: Der kunstvoll verzierte Sarkophag Maria Theresias in der Kapuzinergruft. Fotografie, 2007 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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