169 stehenden Waffen, ohne großen Schaden anzurichten. Um 17.00 Uhr kapitulierte der Kommandant jedoch überraschend. Er ließ die Zugbrücke öffnen und die Miliz konnte in die Bastille eindringen. M2: Claude Cholat: Die Belagerung der Bastille. Aquarell, 1789. Der Künstler war selbst an der Belagerung beteiligt. Aus der Aussage des Uhrmachers Jean-Baptiste Humbert zur Kapitulation am 12. August 1789 Wir feuerten jeder gegen 6mal. Darauf kam durch ein ovales Loch ein etliche Zoll großes Pappier zum Vorschein. Wir hörten auf zu feuern. Einer von uns gieng in die Küche, ein Brett zu hohlen um dieß Pappier bekommen zu können. Das Brett ward auf die Brustwehr gelegt, verschiedene traten darauf, um ein Gegengewicht zu machen; ein Mann gieng auf dem Brett hin; aber in dem Augenblick als er das Pappiere mit der Hand ergreifen wollte, ward er durch einen Musketenschuß getödtet und fiel in den Graben. Gleich darauf legte ein anderer, welcher eine Fahne trug, solche weg, und ergriff das Pappier, welches laut und vernehmlich gelesen wurde. Da der Innhalt des Pappiers nicht annehmlich war, weil sie eine Capitulation verlangten, so wurde beschlossen mit Canonen auf sie zu feuern, und richteten wir uns derhalben dazu. In dem Augenblick als wir die Canonade anfangen wollten, ward die kleine Zugbrücke niedergelassen; und kaum war sie herunter, als sie mit Menschen angefüllt war. Ich war die zehnte Person auf der Brücke. Ein Invalid kam sie zu öffnen, ich fragte ihn, was er wolle: Die Bastille übergeben, war das allgemeine Geschrey. Er ließ uns dann hineingehen. Meine erste Sorge war zu ruffen, laßt die Brücke herunter – welches sogleich geschah. M3: Aus: Bayreuther Zeitung vom 10. September 1789, S. 796–797 (alte Rechtschreibung). Der 14. Juli als Nationalfeiertag Am Jahrestag 1790 wurde das Föderationsfest gefeiert, bei dem der König vor den Abgesandten des ganzen Landes einen Schwur auf die Verfassung ablegte. Am 6. Juli 1880 wurde dieser Tag von der französischen Nationalversammlung zum französischen Nationalfeiertag erklärt, der auch heute noch festlich begangen wird. Das französische Präsidialamt über die Bastille Die Volksfantasie hat von der Bastille Besitz ergriffen, aus der sie gerne ein furchterregendes Symbol für königlichen Absolutismus oder juristische Willkür macht, voll der Seufzer zahlloser Gefangener, die ohne Aussicht auf Befreiung im Schatten undurchdringlicher Mauern dahinsiechen mussten. In Wirklichkeit ließ König Karl V. diese Festung zur Verteidigung der Porte Saint-Antoine errichten, die eine Zeitlang als Gefängnis diente, im Lauf des 18. Jahrhunderts aber allmählich an Bedeutung verlor. Als die Festung nach ihrer Eroberung oder einfach nach ihrer Übergabe infolge der Kapitulation der Garnison geöffnet wurde, fand das Pariser Volk darin nur sieben Gefangene, vier davon Urkundenfälscher. M4: Französisches Präsidialamt: 14. Juli: Der französische Nationalfeiertag. Online auf: www.elysee.fr (4.10.2022). Jetzt bist du dran: 1. Vergleiche die Bilder M1 und M2. Diskutiere, ob den Bürgerinnen und Bürgern mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln eine gewaltsame Eroberung der Bastille am 14. Juli 1789 möglich gewesen wäre. 2. Fasse zusammen, wie der sogenannte Sturm der Bastille aus der Sicht des beteiligten Jean-Baptiste Humbert (M3) abgelaufen ist. 3. In M4 werden die Begriffe Eroberung und Übergabe verwendet. Vergleiche dazu den Informationsgehalt der Quellen und der Darstellung. 4. Diskutiere, warum sich der sogenannte Sturm auf die Bastille als nationaler Mythos erhalten hat. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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