Alles Geschichte! 6, Schulbuch

139 Die Ausgangslage Italiens Nach dem Wiener Kongress war das heutige Gebiet Italiens zersplittert: In Norditalien herrschten die Habsburger in der Lombardei, in Venetien und in der Toskana. Das Königreich Sardinien-Piemont diente als Puffer zwischen Österreich und Frankreich. Mittelitalien war an den Kirchenstaat zurückgegangen. Den südlichen Teil Italiens beherrschte das Königreich beider Sizilien. Risorgimento: Die Gründung des Nationalstaates Die Einigung Italiens, Risorgimento genannt, vollzog sich im Wesentlichen im Zeitraum 1815 bis 1876. Der Historiker Gabriele B. Clemens über den unzutreffenden Begriff des Risorgimento Mit Risorgimento bezeichnet die Geschichtsschreibung jene Epoche, in der die italienische Nationalstaatsgründung vorbereitet und besiegelt wurde. Namensgeberin war eine liberale Zeitung [namens „Il Risorgimento“] in Turin, die von führenden Politikern im Umfeld der 1848er Revolution herausgegeben wurde. Risorgere ist zu übersetzen mit „wiederaufstehen“ oder „wiedererblühen“. Doch dieser Titel führt ein wenig in die Irre, denn es konnte kein Nationalstaat wiedererstehen, der vorher nie bestanden hatte. M3: Clemens: Geschichte des Risorgimento, 2021, S. 7. Ziel des Risorgimento war es, einen einheitlichen Nationalstaat zu gründen. Getragen wurden die Bestrebungen unter anderem von Anhängerinnen und Anhängern der Französischen Revolution. Die Herrschaft Österreichs über weite Teile des Nordens und dessen Verbundenheit zu einigen mittelitalienischen Fürstenhäusern verstärkten den Wunsch, nicht mehr fremdbestimmt zu sein. Es bildeten sich Gruppen, die dieses Bestreben verfolgten. Über die Form des Staates war man sich zunächst uneinig, später setzten sich die Verfechter der konstitutionellen Monarchie durch. M2: Politische Landkarte Italiens 1850–1871 1850 1860 1871 1861 unabhängige, später italienische Gebiete unter österreichischer Herrschaft Herzogtümer Toskana, Modena und Parma (offiziell eigenständig, aber von Österreich abhängig) Kirchenstaat, militärisch abhängig von Frankreich Königreich beider Sizilien unter Herrschaft der Bourbonen Wichtige Personen im Kampf für Italien Wesentliche Verfechter der Nationalstaatsidee waren Giuseppe Mazzini mit seiner einflussreichen Bewegung „junges Italien“ und Giuseppe Garibaldi. Eine eher konservative Bewegung bildete das Königreich Sardinien-Piemont mit dem Ministerpräsidenten Camillo Benso di Cavour. Alle drei trugen wesentlich zur Einigung des Landes bei. Eine der Frauen, die für einen liberalen Nationalstaat eintraten, war die Journalistin Cristina Trivulzio di Belgiojoso. In Mailand wegen Hochverrats angeklagt, unterstützte die vermögende Adelige italienische Flüchtlinge im französischen Exil, in das sie geflohen war. Nach viele Jahrzehnte dauernden kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Habsburgern im Norden Italiens und der Vertreibung der Bourbonen durch Garibaldi und seine Truppen im Süden wurde am 17. März 1861 das Königreich Italien ausgerufen. Zum König der konstitutionellen Monarchie wurde Vittorio Emanuele von Savoyen ernannt, Turin wurde zur Hauptstadt erklärt. Erst 1871, nach der Besetzung Roms durch italienische Truppen am 20. September 1870, wurde Rom Hauptstadt Italiens. Jetzt bist du dran: 1. Arbeite heraus, inwiefern revolutionäre Strömungen zur Einigung Deutschlands und Italiens beigetragen haben. 2. Skizziere die wesentlichen Ereignisse zur Einigung Deutschlands. 3. Beschreibe die Karikatur M1 und dekonstruiere sie hinsichtlich der Aussageabsicht des Zeichners. 4. Bewerte auf Grundlage deiner bisherigen Informationen zum italienischen Gebiet die Aussage von Gabriele G. Clemens (M3), dass bis zum Risorgimento kein italienischer Nationalstaat bestanden hatte. 5. Analysiere das Motto der Burschenschaft „Ehre, Freiheit, Vaterland“. Führe aus, welchen Eindruck der Slogan bei dir hinterlässt. Beurteile die Aussage nach deinem heutigen Verständnis. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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